Kunstwissen

Frisch promoviert

Rund zweihundert kunstgeschichtliche Doktorarbeiten werden jährlich in Deutschland, Österreich und der Schweiz publiziert: Wir stellen Ihnen die interessantesten vor, zum Beispiel die von Sylvia Dominique Volz, deren Buch über die Entstehung der Porträtmedaille am Ende des 14. Jahrhunderts in Oberitalien soeben erschienen ist.

Von Sylvia Dominique Volz
22.05.2018

Was ist Ihr Thema?
Das Thema meiner Dissertation ist die Entstehung der Porträtmedaille am Ende des 14. Jahrhunderts in Oberitalien. Im Speziellen geht es dabei um ein Medaillenpaar, welches Francesco II. da Carrara Novello, 8. Herr von Padua, im Jahre 1390 prägen ließ.

Wie sind Sie darauf gekommen?
Die Liebe zur italienischen Renaissance und zur Kunstform der Medaille habe ich maßgeblich meinen Eltern zu verdanken, die ich als Jugendliche auf unzählige Reisen nach Italien begleitet habe. Später, während meines Studiums, interessierten mich im Besonderen kulturelle Umbrüche, also Momente, in denen etwas Neues entstanden ist – so wie die Porträtmedaillen der Carrara.

Wie würden Sie Ihrem Nachbarn das Thema erklären?
Anlässlich der erfolgreichen Rückeroberung des paduanischen Herrschaftsgebiets im Juni 1390 ließ der ins Amt wieder eingesetzte Francesco II. da Carrara Novello zwei Medaillen in Metall prägen. Eine dieser trägt auf der Vorderseite sein Bildnis im Habitus römischer Kaiser, die andere das Porträt seines Vaters und Amtsvorgängers Francesco I. da Carrara il Vecchio. Auf den Rückseiten findet sich jeweils das carraresische Wappenbild. Es ist das erste Mal seit der Antike, dass sich zeitgenössische Herrscherpersönlichkeiten in Form einer Medaille präsentieren. Im Gegensatz zu Münzen, wie etwa den berühmten Augustales Kaiser Friedrichs II. von Hohenstaufen, dienten die Carrara-Medaillen nicht dem Zahlungsverkehr, sondern ausschließlich der Repräsentation der Fürsten und ihres Geschlechts. Die Prägungen markieren somit den Beginn einer Darstellungsform, die sich später mit dem Wirken Pisanellos und seiner Nachfolger im höfischen Kontext großer Beliebtheit erfreuen sollte.

Welche Ihrer Thesen wird die Gemüter Ihrer Fachkollegen erhitzen?
Auch wenn sich die Forschung zunehmend der Porträtmedaille zuwendet, hat man sich mit ihren Ursprüngen bis zum heutigen Tag nur unzureichend beschäftigt – und dies völlig zu Unrecht, da ihre Genese erst vollständig begreifbar wird mit genauer Kenntnis der Carrara-Medaillen. Die Herausbildung dieses Mediums speist sich in der Tat aus verschiedenen antiken wie zeitgenössischen Komponenten, die in den paduanischen Prägungen in raffiniertester Weise miteinander verknüpft wurden. Wie ich zudem herausarbeiten konnte, sind die Medaillen zweifellos als Pendants konzipiert, in deren Wechselbeziehung sich ein hoch komplexes Bildprogramm offenbart, welches Francesco II. als den rechtmäßigen Herrscher über Padua legitimieren soll. Darüber hinaus kann ich aufzeigen, dass es sich bei den Stücken mit höchster Wahrscheinlichkeit um die visuelle Umsetzung des Fürstenspiegels handelt, den der Humanist Francesco Petrarca im Jahre 1372 seinem Mäzen Francesco I. da Carrara il Vecchio gewidmet hatte.

 

Was war der schönste Moment Ihrer Recherchen?
Die schönsten Momente waren stets, Entdeckungen zu machen, die Hypothesen bestätigten. Einer dieser war die Erkenntnis über den Zusammenhang zwischen Medaillen und Fürstenspiegel.

Was war die schwierigste Phase?
Da meine Arbeit interdisziplinär angelegt ist, war es herausfordernd, in der Schreibphase alle Teile zusammenzufügen und in eine stringente Abfolge zu bringen. Umso größer die Freude darüber, dass sich am Ende alles gut zusammenfügte. Was ich darüber hinaus als schwierig empfunden habe, war die Isolation, die die Forschungsarbeit mit sich bringt; die Gedanken kreisen Tag und Nacht und man kann sie nur punktuell mit anderen teilen.

Haben Sie beim Schreiben seltsame Marotten entwickelt?
Je komplexer die Gedankengänge, desto größer mein Bewegungsdrang. Auf- und Ablaufen im Zimmer oder in der Bibliothek und vor allem Ausdauersport halfen mir dabei, Gedanken zu sortieren, auf den Punkt zu bringen und anschließend niederzuschreiben.

Welcher Snack hat Sie durch harte Stunden gebracht?
Schokolade in flüssiger und fester Form.

An welcher Universität haben Sie die Dissertation eingereicht?
An der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Betreut wurde die Arbeit von Prof. Dr. Lieselotte E. Saurma und Prof. Dr. Michael Hesse.

Wieviele Seiten hat die Publikation?
284 Seiten.

In welchem Verlag ist sie erschienen?
Meine Dissertation ist unter dem Titel „Spiegel-Bild der Macht. Die Porträtmedaillen Francescos II. da Carrara Novello von 1390“ im wvb (Wissenschaftlicher Verlag Berlin) erschienen.

Und jetzt?
Im Oktober 2018 erscheint die 5. Auflage des BMW Art Guide by Independent Collectors, des globalen Führers zu privaten Sammlungen zeitgenössischer Kunst, den ich als Chefredakteurin betreue. Darüber hinaus berate ich Privatsammlungen und begleite darüber hinaus Klienten als Coach für Persönlichkeitsentwicklung und Potentialentfaltung.

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