Eine Ausstellung im Düsseldorfer Kunstpalast würdigt Angelika Kauffmann, die erfolgreichste Malerin des 18. Jahrhunderts
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24.02.2020
Johann Gottfried Herder beschrieb sie als die „vielleicht kultivierteste Frau in Europa“. Goethe, für dessen Farbenlehre sie genauso Illustrationen lieferte wie für sein Schauspiel „Iphigenie“, attestierte Angelika Kauffmann ein „unglaubliches und als Weib wirklich ungeheuerliches Talent“. Diese Meinung teilten gleich fünf Kunstakademien: Das „Weib“ wurde Mitglied in Bologna, Florenz, Rom, London und Venedig – für die damalige Zeit geradezu eine Sensation. Und auch die Überblickausstellung im Kunstpalast Düsseldorf folgt jetzt den Spuren der frühen Verehrung in Gestalt von Teekannen, Tabakdosen und Tapeten, die schon zu Lebzeiten der österreichisch-schweizerischen Künstlerin mit Motiven aus ihrem stilprägenden Œuvre bebildert wurden. Inszeniert wird all das in einer Ausstellungsarchitektur, die die Innenräume prächtiger Palais zitiert und den Zeitgeist des Klassizismus aufleben lässt.
In neun Kapiteln ist die Schau chronologisch strukturiert: Zunächst begleitet man das Wunderkind nach Italien zur Ausbildung und nach England, wo sie 1768 zum Gründungsmitglied der Royal Academy gehörte. In den kommenden 200 Jahren folgte nur noch Mary Moser Kauffmann als weibliches Mitglied nach. Beide durften nicht an den Versammlungen teilnehmen und gaben ihre Stimme schriftlich ab. Da erstaunt es beinahe, dass die so ausgegrenzte Malerin immerhin Deckengemälde für die Akademie anfertigen durfte, die in der Schau erstmals außerhalb von London gezeigt werden.
Adlige Jünglinge und noble Damen in türkisch angehauchten Gewändern porträtierte „Miss Angel“ ebenso wie den Shakespeare-Star David Garrick. Oder Lady Hamilton, die Mätresse des britischen Admirals Horatio Nelson. Erstaunlich, denn es fehlte Kauffmann nicht an männlicher Konkurrenz, angefangen bei Joshua Reynolds oder Thomas Gainsborough. Sie nahm den Wettbewerb auf, nicht nur bei den idealisierten Auftragsbildnissen, sondern auch in der Männerdomäne der Historienmalerei – ein gewagter Schritt. Wie zum Trotz wimmelt es deshalb in den angenehm luftig gehängten Ausstellungssälen von souverän auftretenden Heldinnen aus Geschichte und Mythologie, darunter Kleopatra, Agrippina oder Penelope, und eher empfindsamen Männern wie Admetos, der seine sterbende Gattin beweint. Selbst das Thema Geschlechtertausch griff Kauffmann mit der Erzählung von Achill auf, der sich in femininer Kleidung unter Frauen versteckte.
Auffällig sind die vielen erschwinglichen Reproduktionsgrafiken und antikisierenden Selbstbildnisse, die Kauffmann werbewirksam einzusetzen wusste, um in Rom ab 1782 ein Atelier oberhalb der Spanischen Treppe unterhalten zu können. Nach einem Malerkittel sucht man auf diesen gemalten Visitenkarten vergeblich. Im Vordergrund steht die Überhöhung der eigenen Person zur Kosmopolitin von alterslos sittsamer Attraktivität, die den Reisenden der Grand Tour ihre Dienste anbietet.
Aber hinter dieser Fassade verbarg sich ein geschäftstüchtiges Selbstbewusstsein. Dazu gehörten Salonabende, die Kauffmann von berühmten Dichterinnen bestreiten ließ. Die Auftritte der improvisierenden Freundinnen verewigte sie in Bildern – einem „Parnass der Musen“. Das Pikante daran: Sowohl ihr Vater, ein Wandermaler, als auch ihr Gatte, der Vedutenmaler Antonio Zucchi, arbeiteten dem Star zu, der sich schon zu Lebzeiten über eine Marmorbüste des Bildhauers Christopher Hewetson freuen durfte. Am Ausgang begegnet man zwei weiteren, posthum entstandenen Exemplaren. Eines von ihnen wurde im Pantheon neben der Büste von Raffael aufgestellt.
„Angelika Kauffmann. Künstlerin, Powerfrau,
Influencerin“
Kunstpalast, Düsseldorf
bis 24. Mai