Von Andy Warhol bis zu Yayoi Kusama: Wenn Künstler Kinderbücher gestalten, freuen sich auch Erwachsene. Solange die Coronakrise Familien während der Feiertage zu Hause hält, greifen wir zu diesen 10 Lieblingsbänden für kleine und große Leser.
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10.04.2020
Joanne Lius zauberhaft illustriertes Bilderbuch begleitet den kleinen Max zu einem Museumsbesuch, auf den er eigentlich gar keine Lust hat. Statt der Werke studiert er die Besucher, beobachtet Bäume vor dem Fenster und entdeckt schließlich, dass Kunst Ansichtssache ist – und nicht immer Teil einer Ausstellung sein muss.
Kunst für Max von Joanne Liu, 32 Seiten, Prestel Junior
Der Fotograf Jason Fulford und die Illustratorin Tamara Shopsin sind nicht nur privat ein Paar, sie arbeiten auch regelmäßig zusammen: Bekannt wurden sie für ihre kreativen Buchprojekte – darunter der Band „A Pile of Leaves“, entstanden in Zusammenarbeit mit dem Whitney Museum of American Art. Bunt eingefärbte Papiere in Form von Ahorn-, Linden- und Kastanienblättern fügen sich darin zu einem kleinen Herbstherbarium zusammen, das einem spielerisch nicht nur die Namen der Bäume, sondern auch die Collage als Gestaltungstechnik beibringt.
A Pile of Leaves von Tamara Shopsin & Jason Fulford, 24 Seiten, Phaidon
David Horvitz engagierte einen Taschendieb, der Kunstmessebesuchern unbemerkt Miniaturskulpturen zusteckte. Er schrieb ein Buch über 80 mehr oder weniger erfolgsversprechende Arten, ein Buch zu klauen. Und wenn man dringend jemanden braucht, der an einen denkt, dann ist Horvitz da – im Gegenzug muss man ihm nur einen Dollar via Paypal überweisen. So poetisch wie seine Kunstaktionen ist auch sein aquarelliertes Kinderbuch „Touch the sky with your eye“, das als bilinguale Fibel für jeden Buchstaben eine ungewöhnliche Freizeitidee bereithält.
Touch the sky with your eye von David Horvitz, auf Englisch und Französisch, 64 Seiten, Jean Boîte Éditions
Andy Warhol nimmt uns mit zu den Abenteuern eines tierischen Accessoires. Die modebewusste Schlange „Noa the Boa“, Warhols Anfangszeit als Werbe-Illustrator entsprungen, schlängelt sich durch die High-Society der Sechzigerjahre. Noa macht es sich an Jackie Kennedys Stiefeln bequem, knotet sich in Coco Chanels Bluse und schmiegt sich um Elizabeth Taylors Handgelenk – und hat dabei immer einen schlauen Spruch auf der Zunge.
The Autobiography of a Snake: Drawings by Andy Warhol, 48 Seiten, Thames & Hudson
Für begeisterte Sandkasten-Konditoren hat der Avantgardekünstler und Komponist John Cage zusammen mit der Modejournalistin Lois Long die passende Rezeptsammlung verfasst. Ihr„Mud Book“ lässt Eltern schmunzeln, denn hier wird die ultimative Anleitung für den perfekten Sandkuchen verraten. Dazu braucht man weder Spielplatz noch Küche – Erde, Wasser, Zeitungspapier und ganz viel Sonne reichen!
Mud Book: How to Make Pies and Cakes von John Cage & Lois Long, 36 Seiten, Princeton Architectural Press
Jacques Tatis Klassiker „Mon Oncle“ ist einer dieser Filme, über den Kinder genauso lachen können wie Erwachsene. Den kauzigen Monsieur Hulot, der seinen Neffen auf Streifzüge durch einen pittoresken Pariser Vorort – weit weg von dessen ultramodernem Elternhaus – mitnimmt, schließt man sofort ins Herz. Nostalgie und chaplinhafte Situationskomik verbinden sich bei Tati mit einer intelligenten Design- und Architekturkritik, die heute wieder hochaktuell ist (Gadget-Wahn, Internet der Dinge, Smart Home). Bei Taschen ist „The Definitive Jacques Tati“ erschienen – eine opulente Sammleredition, die Tatis gesamtes Filmwerk samt Archivmaterial in fünf Büchern zusammenfasst. Der kunstvolle Schuber ist das ideale Geschenk für Tati-Enthusiasten, die die Bände später einmal ihren Kindern vermachen wollen.
The Definitive Jacques Tati von Alison Castle, 1136 Seiten, Taschen
Man kann von Emojis halten, was man will. Feststeht, dass kaum ein Whatsapp-Familienchat ohne sie auskommt. John Baldessari, den Zeichensysteme und die Wechselwirkung von Text und Bild stets beschäftigt haben, überführte die digitalen Icons früh vom Display auf die Leinwand. Um die Absurdität der Piktogramme noch zu erhöhen, paarte er sie mit Szeneschnipseln aus Drehbüchern. „Two Kids, One Grown-up“ greift die Idee in Form eines ABC-Buchs wieder auf.
Two Kids, One Grown-up von John Baldessari, Westreich Wagner & Small Press
Auf einer Reise vom Korallenriff bis zum Südpol beantwortet die Papierkünstlerin Maike Biederstädt immer wieder dieselbe Frage: „Was schlüpft aus dem Ei?“ Ihr neues, liebevoll gestaltetes Pop-Up-Buch macht Kinder mit Fischen, Schmetterlingen, Krokodilen und ihren Jungen vertraut.
Was schlüpft aus dem Ei? von Maike Biederstädt, 12 Seiten, Prestel Junior
Bevor Alexander Calder seine weltberühmten Draht-Mobiles schuf, bastelte er, begeistert vom Zirkus, seinen handbetriebenen „Cirque Calder“. Einige der Tiere hielt er zuvor mit flinken Fingerübungen im Buch „Animal Sketching“ fest, das 2009 neu aufgelegt wurde. Zu sehen sind Katzen, mal dösend, mal elegant, Vögel und Pferde in Aktion. Calders einfache Bewegungsstudien darf man auch als Aufforderung begreifen, den Stift selbst in die Hand zu nehmen.
Animal Sketching: Alexander Calder, 104 Seiten, Les Éditions Dilecta
Das Louisiana Museum of Modern Art im dänischen Humlebæk hat zwei Märchen von Hans Christian Andersen als Künstlereditionen herausgebracht: Yayoi Kusama lieferte Zeichnungen für „Die kleine Meerjungfrau“, Marina Abramović illustrierte „Das hässliche Entlein“. Während sich Abramović der Geschichte behutsam mit dicken Wachsmalstiften nähert, verwandelt Kusamas die Seiten mit gepunkteten, dichtgedrängten Doodles in surreale Unterwasserwelten.
The Little Mermaid von Hans Christian Andersen & Yayoi Kusama, 96 Seiten, Louisiana Museum of Modern Art
The Ugly Duckling von Hans Christian Andersen & Marina Abramović, 40 Seiten, Louisiana Museum of Modern Art