Die spannendsten Kunstausstellungen im August: die Medici im Metropolitan Museum, schrecklich-schönes Elfenbein im Humboldt Forum und die Expressionistin Jacoba van Heemskerck in Bielefeld
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03.08.2021
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Erschienen in
WELTKUNST Nr. 188
Metropolitan Museum of Art,
New York, bis 18. Oktober
Familientreffen in Manhattan: Die Medici spielten schon in der Republik Florenz zur Zeit der Frührenaissance die erste Geige, doch noch mehr Macht hatten sie ab 1569 als Herrscher des Großherzogtums Toskana. Das Metropolitan Museum zeigt dank eigener Bestände und Leihgaben aus aller Welt knapp 100 Bildnisse von herausragenden Malern und Bildhauern der Renaissance und des Manierismus, von Raffael und Salviati, Pontormo und Cellini, darunter auch das ungewöhnliche Nacktporträt des Giovanni de’ Medici in der Rolle Johannes des Täufers (1660/1661) aus der Galleria Borghese in Rom.
Josef-Hegenbarth-Archiv, Dresden,
bis 24. April 2022
Ist er ein bloßer Possenreißer oder doch ein weiser Verkünder der Absurdität dieser Welt? Es gibt viele Sichtweisen auf den Narren, wie diese Ausstellung mit Papierarbeiten beweist. Und sicherlich hat die Figur die Künstlerinnen und Künstler immer fasziniert. So hat Diana Ludzay in „hintenvorn“ (2020) Sympathie mit dem Sonderling, der in zwei Richtungen zugleich zu blicken und zu laufen scheint. In Picassos Blatt „Opiumträume“ (1968) verkörpert der Narr als dritte Figur zwischen Raucher und barbusiger Frau eher die spaßhafte Zwanglosigkeit des Rauschs. Francisco de Goya schließlich zeigte 1778 den Narren Sebastián de Morra in seiner ganzen Würde als Mitglied am Hof des spanischen Königs Philipp IV.
Kunsthalle Bielefeld,
bis 5. September
Jacoba van Heemskercks Bilder wirken, als hätte ein Schöpfer mittelalterlicher Kirchenfenster seinen Emotionen freien Lauf gelassen: Zwischen schwarzen Umrisslinien leuchten die Flächen in intensivstem Rot, Blau, Gelb oder Grün – egal ob es sich um Malereien, Holzschnitte oder, wie in der abgebildeten, um 1920 entstandenen „Komposition (Schmetterling)“, tatsächlich um ein Bleiglasfenster mit Glasmalerei handelt. Diese 1876 geborene, lupenreine Vertreterin des Expressionismus hatte ab 1913 in der Berliner Bewegung „Sturm“ großen Erfolg. Nach ihrem Tod 1923 geriet ihr Schaffen in Vergessenheit. Doch das ändert sich jetzt, zum Glück!
Humboldt Forum, Berlin,
bis 28. November
Nach über zwei Jahrzehnten der Planungen und Vorabdiskussionen ist das Berliner Humboldt Forum nun auch inhaltlich eröffnet. Unter den ersten Sonderschauen ist gleich eine, die beweist, dass man brisante Themen nicht scheut: „Schrecklich schön“ handelt von den widersprüchlichen Gefühlen, die Objekte aus Elfenbein auslösen. Einerseits war das Material stets Grundlage großartiger Kunstwerke: von altsteinzeitlichen Tierschnitzereien bis zu Preziosen, die Exotik an Europas Höfe brachten – etwa in Form eines verzierten metallbeschlagenen Schmuckkästleins. Andererseits steht seit der Industrialisierung der Natur das Elfenbein beispielhaft für die bedrohte Tierwelt. Davon handeln die schrecklichen Bilder in dieser Ausstellung.
Flughafen Tempelhof, Hangar 2
und 3, Berlin, bis 19. September
Die ganze Vielfalt und Vielstimmigkeit von Europas Gegenwartskunst an einem Ort einzufangen, das ist das Anliegen von „Diversity United“, einer Schau der Bonner Stiftung für Kunst und Kultur in Berlin. Da passt es durchaus, dass ein Flughafen die Location ist – einerseits mit schwerem historischem Gepäck, andererseits mit spürbarer Aufbruchstimmung. Zu den 90 Zeitgenossen aus 34 Ländern zählen Berühmtheiten wie Anselm Kiefer oder die 86-jährige Sheila Hicks aus Paris („Liberating Reality“, 2020). Doch auch die junge Generation ist vertreten, wie der Maler Michael Armitage, Jahrgang 1984, der in London und Nairobi lebt, und die im selben Jahr in Zwickau geborene Henrike Naumann, die eine Zimmereinrichtung aus den Neunzigerjahren mit Steinzeit-Kitsch mischt und auf den Kopf stellt.
Rosgartenmuseum, Konstanz,
bis 9. Januar 2022
Die beiden Gäste des Konstanzer Seehotels, die 1903 vor dem Rheinfall in Schaffhausen posierten, dürften sie gesucht und gefunden haben: die „Idylle zwischen Berg und See“, die im 19. Jahrhundert Ziel zahlloser Reisen war und jetzt den Titel einer Schau im Rosgartenmuseum bildet. Der am Fuße der Voralpen gelegene Bodensee wurde zum Lieblingsmotiv der Landschaftsmaler – eine kolorierte Lithografie des Franzosen Isidore Laurent Deroy zeigt um 1850 das Panorama „von Constanz bis Bregenz“. Aber auch das gegenüberliegende Ufer bot pittoreske Blickfänge, wie Henry Winkles und C. Frommels 1840 in Stahl gestochene „Aussicht vom Dom in Constanz“ auf die Insel Reichenau und die Vulkanhügel des Hegau beweist.