Wir erleben Rostock zwischen prachtvoller Gotik und aufregender Gegenwartskunst und wandern zum Leuchtturm von Warnemünde
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ShareRostock ist eine Hanse- und Hafenstadt mit langer Geschichte. Um ihre Kunstschätze und Denkmäler zu erkunden, ist das Rathaus am Neuen Markt ein idealer Start. Am zauberhaften Palast in Rosé versteht man sofort: Nicht Fürsten oder Bischöfe hatten einst das Sagen, sondern reiche Bürger. Der barocke Schmuckvorbau strotzt vor Standesbewusstsein. Dahinter ragen, nicht minder prächtig, die sieben Türmchen der Backsteinfassade von 1270 auf.
Hinter dem Rathaus, so heißt die Straße wirklich, protzt das spätgotische Kerkhoffhausmit einem siebenachsigen Staffelgiebel, mit dem der Ratsherr seinen Rang 1470 untermauerte.
Über den Giebelhäusern am Markt erhebt sich Rostocks monumentalster Kirchenbau: St. Marien. In der dreischiffigen Basilika des späten 13. Jahrhunderts wird mit Raum gewuchert, der Weg zum Himmel von einem Sternengewölbe abgeschlossen. Aus der Gotik stammt die hohe, von vier knienden Figuren gestützte Bronzetaufe – die wohl kunstvollste im Ostseeraum. Barock ausgestaltet sind der Hauptaltar, die Kanzel und die Orgel von Paul Schmidt. Das aufregendste Detail befindet sich hinter dem Rochus-Altar: die astronomische Uhr von 1472.
Die reichen Hansekaufleute finanzierten den Bau von St. Marien wie auch St. Petri oder St. Nikolai. Backsteine für die Ewigkeit, und seit einer Ewigkeit stehen sie da – mehr als 700 Jahre. Die Kröpeliner Straße hinter der Marienkirche ist eine übliche Fußgängerzone, wären da nicht die imposanten, restaurierten Giebelhäuser. Wir flanieren zum Universitätsplatz, dem Mittelpunkt der städtischen Nervenader. Wer jetzt Appetit verspürt, bekommt im Bistro Portola frisch zubereitete Pasta.
Es geht zurück in die Einkaufsstraße und zum Brunnen der Lebensfreude, den Reinhard Dietrich und Jo Jastram 1980 schufen. An dem Wasserspiel mit den lebensgroßen Bronzefiguren amüsieren sich tatsächlich Groß und Klein. Den Platz rahmen das Herzogliche Palais von 1714, ein Zeichen der Schweriner Fürstenmacht, und das Hauptgebäude der Universität. Auf der Höhe ihrer Macht riefen die Patrizier vor 600 Jahren Nordeuropas erste Alma Mater ins Leben.
Betritt man den Hof des weitgehend erhaltenen Klosters zum Heiligen Kreuz von 1270 fühlt sich der Besucher ins Mittelalter versetzt. In den Klausurräumen logiert das Kulturhistorische Museum. Seine Sammlung umfasst Werke vom Mittelalter bis in die 1960er-Jahre. Die Gemäldegalerie bietet niederländische Malerei, darunter Rachel Ruysch und Jan Brueghel d. J., Stadtansichten, etwa von Egon Tschirch, sowie die in der NS-Zeit als „entartet“ verfemte Kunst der Moderne von Oskar Schlemmer, Rudolf Belling, Alexej von Jawlensky oder Christian Rohlfs. Der Rundgang endet mit Werken der Künstlerkolonien Ahrenshoop und Schwaan: mit Paul Müller-Kaempff, Alfred Partikel, Elisabeth von Eicken und Dora Koch-Stetter einerseits und Carl Malchin, Rudolf Bartels und Franz Bunke andererseits. Außerdem lockt das Haus mit spannenden Sonderausstellungen.
Auf dem Weg nach Warnemünde muss man wegen der sehr guten DDR- und Gegenwartskunst noch einen Stopp bei der Kunsthalle Rostock einlegen. Die Ausstellung „Alle Kunst will Musik werden“ wirft aktuell einen Blick auf die Geschichte von Armin Müller-Stahl und sein malerisches und literarisches Schaffen.
In Warnemünde haben an der Kaimauer Kutter dauerhaft festgemacht, die für den kleinen Hunger Fischbrötchen auf die Hand verkaufen. Kapitänshäuser sorgen für maritimes Flair. Dazwischen liegt am Strom Nr. 53 das Edvard-Munch-Haus. Der Expressionist wohnte hier 1907 bis 1908 und erlebte in den 18 Monaten eine enorme Schaffensperiode, wie eine Dokumentation belegt.
Weiter in Richtung Hafeneinfahrt ragt der Leuchtturm von 1898 auf, das Wahrzeichen von Warnemünde. Das Seefahrerlicht geht mit dem muschelförmigen Gebilde namens Teepott aus dem Jahr 1968 daneben eine ungewöhnliche bauliche Synthese ein. Mit kulinarischen Höhepunkten im Sternerestaurant Der Butt am Jachthafen endet ein ereignisreicher Tag.