Das Münchner Auktionshaus Gerhard Hirsch präsentiert die Sammlung „Comes Auri“ mit römischen Prägungen aus Trier und weitere Münzen von der Antike bis in die Neuzeit
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07.02.2022
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Erschienen in
Kunst und Auktionen Nr. 2
Im Mittelpunkt der Februarauktionen von Gerhard Hirsch Nachfolger in München steht eine Kollektion spätrömischer Kaisermünzen besonderer Art: die Sammlung „Comes Auri“, die mit 440 Stücken – darunter zahlreiche Goldmünzen – die Prägetätigkeit der römischen Münzstätte AUGUSTA TREVERORUM (Trier) von Diocletian (284 – 305) bis Jovinus (411 – 413) repräsentiert. Der Sammlung und 40 ausgesuchten Gold- und Silbermünzen aus der Kaiserzeit ist ein fest gebundener Katalog gewidmet (Auktion 372), der auch eine Reihe neuzeitlicher Goldmünzen enthält – darunter 26 der beliebten badischen und bayrischen Flussgolddukaten aus dem 18. und 19. Jahrhundert (Taxen 2250 – 12.500 Euro).
Zu den teuersten Stücken der Auktion gehört ein sehr seltener, mit 37.500 Euro taxierter Solidus Constantins des Großen (307 – 337). Auf dem Revers sieht man in Gestalt des Kriegsgottes den Kaiser in Kriegstracht, in der Rechten eine Lanze, links ein Tropaeum geschultert. Unter der zynischen Devise GAVDIVM ROMANORUM setzt er seinen Fuß auf einen besiegten, waffenlos vor ihm liegenden „Barbaren“, der als Geste der Unterwerfung um Gnade flehend die Hand hebt. Dieselbe Devise ist auf einem Solidus des Kaisers Crispus (317 – 326) zu sehen, der auf dem Revers in Verbindung mit der Inschrift ALAMANNIA eine sitzende Frauengestalt in weitem Gewand in Trauerhaltung zeigt, die rückwärts zu einem Tropaeum aufschaut (Taxe 30.000 Euro). Eine ähnliche Szene sieht man auf einem Solidus Constantins des Großen mit der Inschrift FRANCIA (Taxe 20.000 Euro). Alle drei Münzen nehmen in gängiger Form Bezug auf Siege gegen germanische Völkerschaften.
Weitere römische Prägungen findet man in der Auktion 371 (Münzen der Antike), darunter ein interessanter Doppelsesterz des Traianus Decius (Taxe 3000 Euro). Besonders erwähnt sei ein schöner Aureus mit dem Bild des L. Aelius, den der kinderlose Kaiser Hadrian (117 – 138) adoptiert und zu seinem Nachfolger bestimmt hatte, der aber seinen Adoptivvater nicht überlebte (Taxe 12.000 Euro).
Unter den Griechenmünzen sticht ein archaischer Stater von Korinth mit einem ganz besonders fein gezeichneten Atheneköpfchen im Quadratum incusum heraus (Taxe 500 Euro). Charakteristisch für die Epoche ist das „archaische Lächeln“ der Göttin, das hier ganz besonders reizend wirkt. Im Gegensatz zur Erzrivalin Athen, wo das Tetradrachmon das gängige Zahlungsmittel war, bevorzugten Korinth und die Kolonien an der Adria den halb so schweren Stater, der über rund zwei Jahrhunderte hinweg stets nach dem gleichen Bildschema geprägt wurde: auf dem Avers Pegasos, zusammen mit der Angabe des Ethnikons; auf dem Revers Athene im Profil mit langem Haar, den Helm korinthischen Typs nach oben und in den Nacken geschoben.
Anders als die Athener, die bis in die Spätklassik hinein an dem archaisierenden Bild der Athene ohne die geringste stilistische Veränderung festhielten, folgten die Korinther in der Gestaltung der Münzbilder der allgemeinen künstlerischen Entwicklung, wobei allerdings im Laufe des 4. Jahrhunderts der Stil verflachte und das Bild der Göttin mehr und mehr stereotyp gestaltet wurde. Wegen der unterschiedlichen Beizeichen werden diese Münzen gleichwohl gern gesammelt, zumal sie zu den häufigsten griechischen Münzen gehören und man sie daher vergleichsweise günstig erwerben kann – in der Regel für 150 bis 250 Euro.
Bezeichnend für die seit geraumer Zeit zu beobachtende „Dürre“ auf dem Feld der klassischen Antike ist die Tatsache, dass im Angebot nicht eine einzige dieser späten korinthischen Münzen auftaucht und auch von den ebenfalls häufigen Stateren von Taras mit dem Delfinreiter nur zwei Exemplare angeboten werden. Unerschöpflich erscheint dagegen der Nachschub an athenischen Tetradrachmen des gängigen Typs, die man Jahr für Jahr zahlreich in den Münzauktionen findet – hier sind es immerhin zehn Stück (Taxen 375 – 1300 Euro). Man staunt, dass sich offenbar doch immer wieder genügend Interessenten für diese numismatische Massenware finden, deren Beliebtheit zweifellos auf dem Bekanntheitsgrad der sprichwörtlichen „Eulen“ aus Athen gründet.
Das Haupt- und zugleich Titelstück bei den Münzen und Medaillen des Mittelalters und der Neuzeit (Auktion 373) ist ein goldener Gnadenpfennig aus Bayern mit dem Brustbild Herzog Albrechts VI. aus dem Haus Wittelsbach, genannt „der Leuchtenberger“ (gest. 1666). Durch die kunstvolle Fassung aus Gold mit emaillierten Blütenornamenten wird das attraktive Goldstück zu einem wahren Juwel (Taxe 50.000 Euro). Hochattraktiv und vorzüglich erhalten ist eine 1686 in Venedig geprägte Medaille auf die Siege der Serenissima über die Türken mit den Medaillons der Dogen Marcantonio Giustinian und Francesco Morosini sowie Plänen und Ansichten eroberter Festungen, gehalten von drei Genien (Abb. oben, Taxe 2500 Euro). Unter den Gold- und Silbermünzen aus der Kaiserzeit am höchsten taxiert ist ein Zehnmarkstücke von 1890 aus dem Großherzogtum Baden (Taxe 1250 Euro). Originell wirkt eine Reihe von rund 80 Medaillen mit Bezug zum Thema „Bienen“ (Taxen zumeist 150 Euro).
Antike Kunstobjekte aus den verschiedensten Epochen und Erdteilen, großenteils aus dem Fernen Osten, werden in der Auktion 370 angeboten. Titelstück ist eine steinerne Statuette einer stehenden jungen Frau mit bloßem Oberkörper aus der Khmerkultur, 11. / 12 Jahrhundert (Taxe 15.000 Euro). In fein gezeichneten Falten fällt der lange Rock von den Hüften herab, gehalten von einem breiten, verzierten Gürtel. Dem Reiz der anmutigen Frauenfigur tut das Fehlen des Kopfes, des rechten Armes und der Füße kaum Abbruch. Die griechische Welt ist unter anderem durch die römische Kopie eines spätarchaischen Atheneköpfchens aus Marmor vertreten. Das hübsche Stück ist auf 10.000 Euro geschätzt.
Gerhard Hirsch
München
Besichtigung: 7.–10. Februar 2022
Auktionen: 8.–11. Februar 2022