Das Schloss ist der beste Start für einen Besuch in Heidelberg, danach geht es in die Altstadt
Share
Heidelberg ist ein deutscher Mythos: das halbzerstörte Schloss über Neckar und Altstadt, dahinter der sich auftürmende bewaldete Hausberg, der Königstuhl. Jeder kennt das Panorama mit der Alten Brücke aus dem 18. Jahrhundert. „Schöne Brücke, hast mich oft getragen, wenn mein Herz erwartungsvoll geschlagen“, dichtete 1849 der unglücklich verliebte Gottfried Keller. Heidelberg ist eben der Inbegriff von altdeutscher Heimeligkeit, zugleich ein geistesgeschichtlicher Erinnerungsort: für die Romantik nach 1800, als hier Clemens Brentano und Achim von Arnim die Liedersammlung „Des Knaben Wunderhorn“ herausgaben oder Friedrich Hölderlin der Stadt eine schwärmerische Ode widmete. Heidelberg steht aber auch für die Höhenflüge der Wissenschaft. Max Weber, Carl Bosch, Karl Jaspers, Hans-Georg Gadamer und andere berühmte Gelehrte wirkten an der 1386 gegründeten Universität, der ältesten in Deutschland. Das prägt die Stadt bis heute.
Das Schloss ist immer noch der beste Start für jeden Heidelberg-Besuch. Wem der Weg zu steil ist, nimmt die herrlich altmodische Standseilbahn. Obern zwischen den ausgedehnten Ruinenmauern weht einen der Atem der Geschichte an. Es war das größte und bedeutendste Renaissanceschloss in Deutschland, und man begreift rasch, dass die Kurfürsten von der Pfalz zur Machtspitze im Reich gehörten. Doch der Schlosstorso ist auch ein Monument tragischer Geschichte und vergänglicher Größe, denn 1688 und 1693 ließen die französischen Truppen des „Sonnenkönigs“ Ludwigs XIV. brutal das Licht untergehen, zerstörten die Anlage und ganz Heidelberg. Grandios blieb der Blick auf die Stadt, das Neckartal und in die Rheinebene – dorthin, wo die Kurfürsten ihre verstreuten Ländereien hatten. Als Staatswesen ging die Kurpfalz 1803 unter, aber als Begriff für die ehemaligen Residenzstädte Heidelberg und Mannheim samt Umland lebt sie weiter und ist den Kurpfälzern Identität und Heimatbegriff.
Zurück im Tal, lassen wir uns erst einmal durch die Gassen treiben. Es gibt nur wenige bedeutende Einzelmonumente, etwa das Rathaus, aber die Altstadt als Ganzes ist ein faszinierendes barockes Gesamtkunstwerk. Das Hotel zum Ritter in der Hauptstraße ist eines der wenigen erhaltenen Häuser, das die die Katastrophe von 1688/93 überlebt hat. Schon Victor Hugo logierte hier und bewunderte die Renaissancefassade. Nicht versäumen sollte man die Alte Universität mit dem Universitätsmuseum, der Alten Aula in etwas überladener Neorenaissance-Pracht und den Studentenkarzer, in dem die eingesperrten jungen Männer (Frauen waren noch nicht zugelassen) sich die Zeit mit Wandbildern vertrieben – bis ins 20. Jahrhundert hinein hatte die Universität eine eigene Gerichtsbarkeit.
Sehenswert ist auch die spätgotische Heiliggeistkirche, wo einst die Kurfürsten begraben waren. Auf den Emporen war die legendäre Biblioteca Palatina untergebracht, die im Dreißigjährigen Krieg nach Rom entführt wurde. Nur die deutschsprachigen Handschriften des Mittelalters kehrten nach 1816 zurück, darunter die berühmte Manessische Liederhandschrift, die zumindest als Faksimile immer in der Universitätsbibliothek zu bewundern ist. Auch die Wechselausstellungen in Heidelbergs zentralem Wissensspeicher lohnen den Besuch.
Eine Pause gefällig? Den besten Kuchen gibt es im Café Schafheutle, einem Familienbetrieb in vierter Generation. Danach geht es ins Kurpfälzische Museum. Hier ist die Kunst und Kulturgeschichte von Stadt und Region zu erleben. Das beginnt mit dem 1907 gefundenen Frühmenschen, dem „Homo Heidelbergensis“ und führt über die barocke Blütezeit und die Romantik bis in die Moderne. Wenn noch Zeit bleibt, sei der benachbarte Kunstverein empfohlen. Er hält mit einem ambitionierten Programm die Gegenwartskunst in der Stadt hoch.
Zur Übernachtung bietet die Stadt eine ganze Reihe schöner und zentral gelegener Hotels. Traditionsreich und von gediegener Eleganz, ein typisches Grand Hotel, ist der Europäische Hof. Hier lässt es sich auch in der prachtvollen Kurfürstenstube sehr gut dinieren. Wer es nicht ganz so luxuriös will, der ist im stilvoll ein gerichteten Hotel Villa Marstall bestens aufgehoben. Gourmets pilgern ins Restaurant Hirschgasse am anderen Ufer des Neckar oder fahren vor die Stadt zum Grenzhof. Gehobene, aber bodenständige Küche in einem gemütlichen Barockhaus bietet die Herrenmühle.