In Paris kommt der Nachlass des französischen Modeschöpfers Hubert de Givenchy zum Aufruf. Die kostbaren Stücke reichen vom Rokokomöbel bis zur Blue-Chip-Skulptur von Giacometti
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02.06.2022
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Erschienen in
WELTKUNST Nr. 199
Christie’s versteigert rund 1200 Lose aus Hubert de Givenchys Besitz. Eng war der 2018 verstorbene Modeschöpfer dem Auktionshaus verbunden: Er saß im Aufsichtsrat, und 21 Stücke seiner Giacometti-Sammlung erzielten im Jahr 2017 insgesamt 32,7 Millionen Euro. Nun hoffen seine Erben auf 50 Millionen Euro Umsatz. In New York, Palm Beach und Hongkong werden vorher Toplose gezeigt.
Der 1927 in wohlhabendem Adelshause geborene Hubert de Givenchy gab nicht nur Audrey Hepburn Modegestalt, sondern war auch ein exzellenter Kenner des 18. Jahrhunderts – rund 800 Möbel sind unter den Losen. Eine Gruppe Rokokosessel, mit dreifarbigem Leder bezogen, wird bei 100.000 Euro aufgerufen, ein Schreibtisch aus der Zeit Louis-seize, von Josef Baumhauer klassizistisch in Ebenholz ausgeführt, ist auf 800.000 Euro taxiert, und ab 1,5 Millionen Euro wird ein um 1700 in Bronze ausgeführter, François Girardon zugeschriebener Bacchus versteigert.
Reich ist die Kunstsammlung auch dank langjähriger Freundschaft mit den Brüdern Giacometti. Ein 1955 von Fiorini ausgeführter Guss einer kopf- und armlosen „Femme qui marche“ ist dabei (Taxe 20 bis 30 Mio. Euro), aktuell passend ist der weiße Vogel, 1937 für den Designer Jean-Michel Frank geschaffen – in Kriegszeiten wird das ab 200 000 Euro angebotene Objekt zur Friedenstaube. Ähnlich lässt sich, nachdem Frankreich seinem Freiheitsgeist beinahe den Rücken gekehrt hätte, der kleine weiße Vogel aktualisieren, den Joan Miró 1968 in Blau malte. „Le passage de l’oiseau migrateur“ soll mehr als 2,5 Millionen Euro bringen.