Die diesjährige Sommerauktion im Ostseebad Ahrenshoop lockt mit großen Namen wie Ernst Wilhelm Nay, Erich Heckel oder Lyonel Feininger und überraschenden Entdeckungen
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03.08.2022
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Erschienen in
WELTKUNST Nr. 202
Ein eigens für die Versteigerung entworfenes Plakat, gestaltet von einem dafür beauftragten Künstler, das gibt es wohl nur beim Auktionshaus Ahrenshoop. Damit wird die Tradition des Ortes als ehemalige Künstlerkolonie lebendig gehalten. Dieses Jahr wurde es von Christopher Lehmpfuhl gestaltet, der sich in seiner Lithografie von fünf Steinen für das Thema „Gegenlicht“ entschieden hat. Er widmet sich damit einem Phänomen, das auch viele in der Auktion angebotenen Arbeiten auf faszinierend unterschiedliche Weise aufgreifen. Bei der für eine Taxe von 9000 bis 12.000 Euro angebotenen „Schäferin am Bodden“, einem mit 62 mal 93 cm wohnzimmertauglichen Ölbild von Louis Douzette, das um 1916 entstand, strahlt der noch mondhelle Himmel kalt über die Rücken einer Schafherde.
Und bei Elisabeth von Eicken, die ebenfalls Mitglied der Künstlerkolonie war, wirken die um 1894 gemalten „Buschwindröschen im Darßwald“ (Taxe 8000 bis 11.000 Euro) wie ein auf den Boden gefallener verhalten funkelnder Sternenteppich im lichten Wald. Karl Eulensteins expressiv in Szene gesetzter „Leuchtturm in Memel“ (Taxe 5500 bis 7500 Euro) lebt geradezu von den Farb- und Lichtkontrasten. Der Großteil seines Werkes verbrannte im Zweiten Weltkrieg, mit diesem Bild knüpft er in den 1950er-Jahren an sein verloren gegangenes Œuvre wieder an. Von dem Expressionisten Erich Heckel wird in Ahrenshoop ein hochformatiges Sommermotiv angeboten. Es sind „Zwei weibliche Akte am Strand“ (17 500 bis 20 000 Euro), die er 1932 mit leichter Hand aquarellierte. Seine im Frühwerk so ausdrucksstarke Expressivität ist hier gerade noch zu erahnen. Mit angemessenen 22.000 Euro wird eine schöne Bleistift- und Farbkreideskizze von Lyonel Feininger aufgerufen. In starker Untersicht gibt er um 1901 zwei Booten am Strand eine naturalistische Monumentalität. Der Fotograf Theodore Lux Feininger, jüngster Sohn des Malers Lyonel, versuchte sich 1933 in malerischer Gegenständlichkeit, unterstützt von Grafitstift, Tusche und Wasserfarben. Auf Büttenpapier bannte er ein anbandelndes „Junges Paar auf einer Düne“. Diese Arbeit lockt mit einer niedrigen Taxe von 1600 bis 2400 Euro. Der Collage als Prinzip folgt der Dresdner Edmund Kesting. Sein 18 mal 21 Zentimeter kleines und gleichwohl ausdrucksstarkes gesellschaftskritisches Werk „Lohnarbeit und Kapital“ ist eine Entdeckung, die vom Ahrenshooper Auktionshaus mit 12.000 bis 15.000 Euro Taxe offeriert wird.
Durch eine in der Hamburger Kunsthalle gezeigte Retrospektive ist Ernst Wilhelm Nay wieder verstärkt in den Fokus von Sammlern gerückt, zu seinen typischen Feder- und Tuschezeichnungen zählen auch die in Ahrenshoop angebotenen „Fischer“ von 1936, sie werden mit attraktiven 4400 bis 5500 Euro aufgerufen. Eisige Winterbilder aus der Region um Ahrenshoop sind selten, die meisten dort entstandenen Werke aus der lebendigen Zeit der Künstlerkolonie von 1861 bis 1941 berichten von einem ewigen Sommer. Umso interessanter ist der stimmungsvolle „Winter am blauen Haus“ (6500 bis 8500 Euro) von Paul Müller-Kaempff, mit dem er an diese hier so selten dargestellte Jahreszeit erinnert. Das zusätzlich eingerichtete „Kleine Kabinett“ mit ausgewählten kleinformatigen Arbeiten auf Papier ergänzt in Ahrenshoop das große Auktionsangebot und macht vor allem mit durchgängig niedrigen Preisen und einigen schönen Trouvaillen auf sich aufmerksam.
48. Ahrenshooper Kunstauktion,
Besichtigung: 15. Juli – 4. August 2022
Auktion: 6. August 2022