Von Design über Malerei bis zur berühmten Band mit vier Buchstaben: Bukowskis in Stockholm widmet sich der skandinavischen Kreativität
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08.09.2022
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Erschienen in
WELTKUNST Nr. 203
Der König kommt unter den Hammer. Beim Grinsen von Carl Gustaf auf der Schwarz-Weiß-Fotografie von Hans Gedda kann man sich nicht ganz sicher sein, ob der Versuch eines Lächelns vollkommen missglückt ist oder seine Durchlaucht doch ein gutes Maß an Selbstironie hat. Auf jeden Fall könnten Interessierte den Gesichtsausdruck auch dahingehend interpretieren, dass der Auktionator dem König versehentlich mit seinem Werkzeug auf die Zehen gehämmert hat. Bukowskis in Stockholm ruft die Fotografie im September für einen Schätzpreis von 1925 bis 2400 Euro auf.
Blättert man durch das Portfolio des bekannten schwedischen Fotografen Hans Gedda, der im Juli dieses Jahres seinen 80. Geburtstag gefeiert hat, stechen eindrückliche Porträts von Staatsmännern und Kunstschaffenden ins Auge – von Olof Palme und Nelson Mandela bis hin zu Andy Warhol. Alle Fotografien sind sehr getragen und ernsthaft. Deshalb sticht dieses eigenwillige Bild des Königs im Œuvre des Künstlers besonders hervor. Auch weil Gedda seit Jahrzehnten ein treuer dokumentierender Weggefährte von Carl Gustaf ist. Die Ergebnisse sind jedoch immer fotografische Zeitzeugen royaler Seriosität. Einen nachdenklichen Carl Gustaf hat zum Beispiel Bruno Ehrs im Jahr 2002 eingefangen – auf einer Treppe zum Meer sitzend, mit weißem Schwan im Hintergrund. Ein anderer Abzug der Serie (41/50) wurde vor ein paar Jahren bei Bukowskis um 13.000 Euro auktioniert. Die Kindergeneration der Bernadottes ist mit einem gefühlvollen Porträt der Kronprinzessin Victoria von Mikael Jansson aus dem Jahr 2002 (Schätzwert 3850 bis 5800 Euro) vertreten.
Schwedens Königsfamilie stellt einen wesentlichen Bestandteil der Versteigerung des Stockholmer Traditionshauses Bukowskis dar, die unter dem Titel „Made in Sweden“ firmiert. Eine Familie, die regelmäßig auf den Gesellschaftsseiten internationaler Zeitungen und Magazine abgefeiert wird. Für das Portfolio der Themenauktion sind die beliebten Royals eine Art Teaser. Denn das Augenmerk liegt vielmehr in der Vielfältigkeit schwedischer Kreativität: Artefakte von Musikgruppen wie ABBA oder Roxette, des fabelhaften Regisseurs Ingmar Bergman, des Tennisspielers Björn Borg oder des Industriellen Alfred Nobel sind verzeichnet. Und selbstverständlich wird das schwedische Design nicht übergangen: von Axel Einar Hjorth über Josef Frank bis hin zur Kooperation des früh verstorbenen Shootingstars Virgil Abloh mit dem Möbelriesen Ikea. Des Weiteren rundet Malerei von Isaac Grünewald oder Madeleine Pyk die kunterbunte Angebotspalette ab.
Das Auktionshaus, das Anfang des Jahres vom Londoner Unternehmen Bonhams erworben wurde, greift unter der Ägide von Lena Rydén mit der kuratierten Versteigerung auf die Idee der Weltausstellungen wie etwa jener in Paris im Jahr 1925 oder jener in New York 1939 zurück: Präsentationen, die die industrielle wie ökonomische Entwicklung dokumentieren sollten. Plattformen, bei denen Staaten zusammenkamen, um prägende Erfindungen, den Status quo im Bereich von Design, Mode und Architektur zu präsentieren. Unabhängig davon, wie groß die Nationen waren – die Kreativität stand vorrangig im Mittelpunkt, und da spielte Schweden als relativ kleines Land immer in der ersten Liga mit. Insbesondere beim Design. Ein Höhepunkt der Versteigerung ist ein außergewöhnlicher Schrank des schwedisch-österreichischen Designers und Architekten Josef Frank (Schätzwert 7600 bis 9600 Euro). Der Mitbegründer der Wiener Schule der Architektur und des Werkbundes kreierte für seine Designfirma „Svenskt Tenn“ („Schwedischer Zinn“), die bis heute existiert, zahlreiche Entwürfe für Möbel und Stoffe. Ein anderer anerkannter Designer aus Schweden war Bruno Mathsson. Seine zeitlos eleganten, funktionalen Sitzmöbel sind bis heute gesuchte Sammlerstücke, die überaus gerne besessen werden – im wahrsten Sinn des Wortes. Bei Bukowskis kommt ein Liegestuhl, das Model 36, unter den Hammer. Vergleicht man die Preise, die bei vergangenen Auktionen für dieses Model erzielt wurden, kann der Schätzwert zwischen 580 und 770 Euro als sehr defensiv bezeichnet werden.
Weg vom Design, hin zur Malerei: Auch hier hat das Auktionshaus ein paar interessante Exponate anzubieten. Vor allem die Werke des Künstlers Isaac Grünewald. Der 1889 in Stockholm geborene Maler, Grafiker und Bühnenbildner studierte 1908 bis 1911 an der Akademie von Matisse in Paris und war einer der wichtigsten Vertreter und Vorreiter der modernen Malerei in Schweden. Um diese Rolle auszufüllen, half ihm nicht nur sein künstlerisches Talent, sondern auch sein sprachliches Können. Der begnadete und beliebte Redner wurde gerne als Vortragender bei Vernissagen oder zu Kulturdebatten eingeladen. Sein impressionistisches, farblich intensives Œuvre erzielt bei Auktionen in Schweden regelmäßig souveräne Verkaufserträge. Bei Bukowskis kommt das harmonische Werk „Der grüne Sessel“ zur Versteigerung (Taxe zwischen 7700 bis 8700 Euro).
Interessierten, die auf der Suche nach schrägen Exponaten der Popkultur sind, sei das Drumset von ABBA aus dem Jahr 1976 anempfohlen. Bleibt nur die Frage: Welches der vier ABBA-Mitglieder hat jetzt eigentlich Schlagzeug gespielt?