Wer sich für mittelalterliche Kunst, altmeisterliche Malerei oder Renaissance- und Barockskulpturen interessiert, wird auf der BIAF in Florenz verlässlich fündig. Vor allem die italienische Kunst steht hier im Fokus
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23.09.2022
Schon der Austragungsort lässt die Biennale Internazionale dell’Antiquariato di Firenze, kurz BIAF, unter allen Wettbewerbern herausstechen: der prächtige Palazzo Corsini inklusive eigener künstlicher Grotte, der sich immer noch in Familienbesitz befindet. Das Angebot ist in seiner Fülle wie in seinem Schwerpunkt auf Italien einzigartig und beginnt bei mittelalterlichen Tafelkreuzen, wie sie Moretti vom Maestro der Crocifisso Corsi für 1,5 Millionen Euro und Robilant + Voena (London, Mailand, New York, Paris) von Giovanni del Biondo für 1,8 Millionen Euro unterschiedlich in Szene setzen – strikt innerhalb der eigenen Epoche oder mit einem geschlitzten Bronze-Ei von Lucio Fontana zu Füßen. Bei Alessandro di Castro aus Rom findet sich ein Satz von vier absolut musealen Tondo-Reliefs von Giuseppe Maria Mazza (280.000 Euro) mit biblischen Szenen, wie dem Tanz um das Goldene Kalb, die einzeln ohnehin schon rar sind. Für gewöhnlich arbeitete der Bologneser in Terrakotta. Hier ist das Material noch mit einem hauchdünnen Gipsauftrag überzogen, in den feinste Details eingearbeitet sind.
Das vielbeschworene Crossover, den Stilmix unterschiedlichster Sparten und Epochen, pflegen mittlerweile viele Händler – mit bisweilen ästhetisch eigenwilligen Ergebnissen. Den Vogel schießen dabei Robertaebasta aus Mailand und London ab, die Teatrini genannte Puppentheaterkulissen mit einem kleinformatigen Gemälde von Piero Dorazio, einem Paravent von Piero Fornasetti und anderem italienischen Design der 30 bis 60er Jahre mit dekorativer zeitgenössischer Malerei zusammenwürfeln, dass einem schwindlig wird. Berardi aus Rom macht aus der Not des schlauchartigen Zugangs zum eigenen eher gemischten Stand eine Tugend und nutzt für eine sehenswerte kleine thematische Ausstellung von Künstlerselbstportraits des späten 19. bis zum mittleren 20. Jahrhundert.
Was Lucio Fontana für die Nachkriegskunst, ist Giovanni Boldini für die Jahrhundertwende. Zahlreich Aussteller decken das ganze Spektrum seines Schaffens vom virtuosen Skizzenbuch (Bottega Antica, Mailand), über mehr oder weniger inspirierte Ölstudien (Brun Fine Art, London und Mailand) bis zum theatralisch inszenierten großformatigen Portrait einer ungenannten Signora (Enrico Gallerie d’Arte, Mailand) ab.
Die einzige rein zeitgenössische Galerie ist Galleria Continua, der Galeriekonzern, dessen Ursprung im benachbarten San Gimignano liegt. Zum zweiten Mal sind sie dabei, nach einer ersten Teilnahme in einem der „zwei Jahre, die nicht stattgefunden“, sagt Milo Gatti lachend mit Bezug auf Covid. Er hofft, dass zukünftig noch der eine oder andere Kollege dazukommt. Gleichzeitig betont er jedoch die eigene DNA der Messe, die auch beinhaltet, dass das italienische Publikum weitgehend unter sich bleibt – noch. Denn ein trostloses Messezentrum in Maastricht im März oder ein zugiges Zelt in London im Oktober sind doch etwas anderes als ein Florentiner Palazzo im September. Einige auswärtige Freunde hätten sich für diese Ausgabe auch angekündigt, erklärt Gatti. Denn die Preisspanne an seinem Stand sei durchaus nicht für jede Brieftasche geeignet. Die Preise beginnen bei 6.000 US-Dollar für miniaturhafte Zeichnungen des Kolumbianers José Antonio Suárez Londoño und reichen bis zu 700.000 britischen Pfund netto für eine rotspiegelnde Sphäre von Anish Kapoor. Dazwischen Antony Gormley, Berlinde de Bruyckere, Ai Weiei.
Allerdings vermeidet die BIAF einige Fehler von Tefaf und Frieze Masters, die mit ihrer Tendenz zum Zeitgenössischen ihren Markenkern verwässern. „Die BIAF ist eine Messe für italienische Kunst“, erklärt Messechef und Kunsthändler Fabrizio Moretti. Viele der großen Altmeisterhändler hätten ihren Sitz mittlerweile im Ausland, er selbst etwa in London und Monaco. Etwas spitzfindig leitet er daraus die Internationalität der Veranstaltung ab. Selbst unter Abzug der Händler, die auch eine Filiale außerhalb Italiens unterhalten, bleiben allerdings immer noch 57 von 80 italienisch. Von der Publikumsseite her kann man ihm da schon eher folgen: Beim Gucci-Dinner am Eröffnungsabend für 800 Gäste wie zur Vernissage erwartet er rund 30 bis 40 Prozent internationale Gäste, viele davon Gruppen der großen Museen aus den USA.
So bald müssen sich die anderen Messen für Kunst und Antiquitäten nicht vor der Konkurrenz in Italien fürchten. Doch wer mittelalterliche Kunst, altmeisterliche Malerei, Renaissance- und Barockskulptur auch für die eigene Sammlung in Erwägung zieht, sollte Florenz alle zwei Jahre in seine Reiseplanung für den September aufnehmen.
Biennale Internazionale dell’Antiquariato di Firenze,
Palazzo Corsini, Florenz,
24. September bis 2. Oktober