Die Kunstmesse Arte Fiera versucht nach schwierigen Jahren, wieder Anbieter und Sammler nach Bologna zu locken
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03.02.2023
Die Art Cologne Italiens sei die Artefiera in Bologna, sagt ein europäischer Messedirektor im Gespräch. Tatsächlich gibt es Parallelen, etwa die Aufteilung in einen klassischen und einen zeitgenössischen Bereich in zwei Hallen. Ebenfalls teilen die beiden Traditionsmessen eine Geschichte des Niedergangs und eines anschließenden Aufschwungs. Damit enden jedoch die Gemeinsamkeiten weitgehend.
Denn während die Kölner ihren Tiefpunkt Mitte der Nullerjahre hatten, ist diese Phase bei den Norditalienern noch sehr frisch. Noch vor fünf Jahren glich ein Besuch der Messe dem eines Trauerspiels. Diverse Direktoren unterschiedlich bescheidener Qualifikation gaben sich bis vor Kurzem die Klinke in die Hand. Die Tragödie kulminierte in dem seinerzeit ausgegebenen Slogan „Made in Italy“, der auch die letzten wohlmeinenden internationalen Sammler und Galeristen vertrieb.
Seit 2018 versucht nun der Mailänder Kurator und Kunstkritiker Simone Menegoi, den Tanker wieder flottzumachen. Mit dieser Ausgabe steht ihm der Unternehmer und Sammler Enea Righi zur Seite. Die Personalie trägt offensichtlich bereits Früchte. Nach einem katastrophalen Organisationsversagen im letzten Jahr, das den Ausstellern wenigstens einen nicht unerheblichen nachträglichen Rabatt auf die Standgebühren eingebracht haben soll, haben sich jetzt einige zeitgenössische Galerien aufgrund des neuen Managements zur Teilnahme entschlossen. Das ist auch bitter nötig, denn das Angebot an aktueller Kunstproduktion ist immer noch sehr gemischt.
Giuseppe Allerizzo von Spazioa aus Pistoia kehrt nach zehn Jahren wegen Righi zurück. Die Messe habe in der jüngeren Vergangenheit an Mailand und Turin verloren, erklärt er. Jedoch sei Bologna als älteste Messe für zeitgenössische Kunst Italiens immer noch eine Anlaufstelle für viele Sammler aus dem Süden, die nicht weiter nach Norden führen. Er zeigt unter anderem Skulpturen der Tschechin Helena Hladivola, die auf den ersten Blick wirken wie Assemblagen vorgefundener Materialien, die jedoch tatsächlich aus virtuos bearbeiteten unterschiedlichen Steinarten bestehen (4.000 bis 8.000 Euro). Drei der vier größeren Arbeiten hat sich am Eröffnungstag die bekannte Turiner Sammlerin Patrizia Sandretto Re Rebaudengo gesichert. Nach den ästhetischen Zumutungen eines großen Teils des Zeitgenossen-Segments ist es tatsächlich eine Wohltat, präzise gestaltete Stände mit einem eher spröden Programm wie den des Art Basel-, Frieze- und Fiac-Teilnehmers zu sehen. Direkt nebenan hat die neapolitanische Galleria Fonti einen sehr zeitgenössischen Auftritt. Der Künstler Eric Wesley hat im Internet nach Namensvetter gesucht und deren bildliche Selbstinszenierungen von chinesischen Kopisten auf Leinwand bannen lassen. Das so erwartbar wie durchaus vergnüglich breite Spektrum kostet als wandfüllende Installation 65.000 Euro.
Das Standbein der Artefiera ist immer noch der Bereich, der hier Moderne genannt wird und der im Grunde das gesamte 20. Jahrhundert umfasst. Das früher noch häufig zu sehende 19. Jahrhundert ist praktisch ganz verschwunden, und auch Vorkriegskunst ist seltener geworden. Auch die noch vor einigen Jahren geradezu inflationär offerierten Fontanas, Manzonis, Bonalumis oder Castellanis in oft erstaunlich frischen Erhaltungszuständen finden sich kaum noch. Häufiger sind Alighiero Boetti, Alberto Burri oder Mario Schifano vertreten. Es ist tatsächlich ein bisschen so wie auf der Art Cologne im Untergeschoss, nur eben auf Italienisch.
Bologna sei für sein Segment vor allem für Sammler aus der Mitte und dem Süden des Landes immer noch der zentrale Marktplatz in Italien, erklärt auch Michele Casamonti von der Galerie Tornabuoni aus Florenz mit Filialen unter anderem in Mailand, Paris. An ihrem Stand findet sich das gewissermaßen klassischste Sortiment der Messe, das allerdings nicht nur Giorgio de Chirico oder Lucio Fontana umfasst, sondern mit Pablo Picasso und Auguste Renoir auch einige internationale Akzente setzt. Carlo Repetto aus London und Lugano, der auch im Beirat der Messe sitzt, bestätigt die Beobachtung im wesentlichen. Artefiera bilde den italienischen Markt auf angemessenem Niveau ab. Allerdings sei bei ungefähr 100.000 Euro die Belastbarkeit der hiesigen Kaufkraft ausgeschöpft. Wer im Millionenbereich sammle, kaufe in Basel, London oder New York. Auch das eine Parallele zu Köln, oder der Art Brussels.