In seinem zu kurzen Leben war Martin Kippenberger seiner Zeit oft voraus. Nun wäre er siebzig Jahre alt geworden
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24.02.2023
„Heute denken – morgen fertig“ heißt nicht bloß ein Bild von Martin Kippenberger, sondern gleich die ganze Ausstellung, die bis heute in der Berliner Galerie Max Hetzler zu sehen ist. Denn heute wäre Martin Kippenberger siebzig geworden. Aber so schnell wie er dachte und machte, verlief auch das Leben des Künstlers: 1997 starb er in Wien kurz nach seinem 44. Geburtstag.
Von heute aus gesehen zählt er zu den zentralen Köpfen in der Kunst der Achtzigerjahre, was aber schon damals viele sahen. Freunde wie Albert Oehlen oder die spätere Galeristin Gisela Capitain, mit der er 1978 in Berlin „Kippenbergers Büro“ gründete, einen Projektraum für Kunstschaffende. Zehn Jahre später kam die erste Einladung zur Biennale in Venedig, es folgten Preise, Gastprofessuren und noch mehr Ausstellungen. Kippenbergers Witz, seine ironische Brechung aller Erwartungen an Malerei, mit der er gleich auch die Sattheit und Selbstgefälligkeit seiner Umgebung kritisierte, war ebenso ätzend wie genial. Aus Protest gegen Kippenbergers Skulptur „Zuerst die Füße“, eines gekreuzigten Frosches, trat 2008 ein Südtiroler Landrat in den Hungerstreik. Umsonst, das Museum in Bozen blieb hart, die Arbeit wurde heftig diskutiert und der Künstler noch ein bisschen bekannter. Fantasie besaß er ebenfalls – sonst wären ihm kaum so wunderbare Arbeiten wie die ins Nichts führenden U-Bahn-Eingänge überall auf der Welt eingefallen.
Letztere sind bis jetzt so aktuell, dass man Kippenbergers Qualitäten unmittelbar begreift. Sein Tempo, seinen Spott, seine Maßlosigkeit. Heute denken, morgen fertig: Er hat sich immer beeilt, die Gedanken unter die Leute zu bringen. Bad Painting, Konzeptkunst und das Leben als Performance, all das hat der Künstler mit einem Turbo gezündet und sich selbst dabei abgebrannt. Man hätte wirklich gern gewusst, zu was allem er noch fähig ist. Heavy Burschi, forever!
Übrigens: Zum Abschluss der Ausstellung bei Max Hetzler veranstaltet die Berliner Galerie am 25. Februar eine Lesung mit Rüdiger Carl and Sven-Åke Johansson als Hommage an Martin Kippenberger.