Ausstellungstipps

Die schönsten Ausstellungen im März

In diesem Monat hinterfragen wir mit der Hamburger Kunsthalle das Bild der Femme fatale, bewundern Nan Goldins Fotografien in Berlin und erfreuen uns an lichtdurchfluteten Gemälden in Düsseldorf

Von Tim Ackermann
27.02.2023
/ Erschienen in WELTKUNST Nr. 210

Sammlung Osmers

Kunsthalle Bremen, bis 26. März

Mit dem Selbstbewusstsein der Bremer Kaufleute ließen sich schon immer ganze Säcke füllen, aber dass die Bürger der Hansestadt bereits 1823 ihren eigenen Kunstverein aus der Taufe gehoben haben, imponiert doch. Zum Auftakt des Vereins-Jubiläumsjahrs zeigt die immer noch privat getragene Kunsthalle – natürlich – die Sammlung einer Bremer Kaufmannsfamilie: Franz Osmers und seine Frau Mechthild Wantia-Osmers schenkten dem Museum bereits bedeutende Werke der Nachkriegskunst von Norbert Kricke oder Günther Uecker, die nun für die Schau durch Leihgaben wie Otto Pienes „Dark Star (Feuerbild)“ von 1990/1991 ergänzt werden.

Nan Goldin

Akademie der Künste, Berlin, bis 19. März

Mehr vertraute Gesichter als in einer Nan-Goldin-Schau sieht man nur auf einem Familienfest. Man begreift in dieser Ausstellung ihrer Klassiker mal wieder, wie grandios die amerikanische Fotografin ihre Boheme-Freunde und sich selbst in Szene setzt. So wenig passiert hier – und doch so viel! Die Künstlerin raucht am Fenster. Jimmy Paulette schaut einem anderen nackten Mann über die Schulter. Eine Freundin sinniert im Lockdown-Blues auf Goldins Bett: „Thora on my white bed, Brooklyn, NY“ (2020). Diese Bilder sind wie gute Popsongs: vermeintlich einfach, emotional und ehrlich. Eine Filmdokumentation über Goldin geht übrigens gerade ins Rennen um die Oscars.

Mehr Licht

Kunstpalast, Düsseldorf, bis 7. Mai

Die Ölstudie war in Wahrheit der Urlaubsschnappschuss des frühen 19. Jahrhunderts. Auf Papier, Pappe oder kleinen Stücken Leinwand wurden die Eindrücke träumerischer Tage mit dem Pinsel konserviert: Lord Frederic Leighton schwärmte 1859 von seiner Terrasse mit Oleandertopf über den Hügeln von Capri. Oswald Achenbach erlag der Faszination von „Zypressen im Park der Villa d’Este in Tivoli“ (1850). Zu Hause wärmte dann die Sonne des Südens das kalte Atelier. Ölstudien entstanden auch in der Heimat, oft als Motivvorrat. Es waren private Erinnerungen, die nicht für den Handel oder Ausstellungen gedacht waren, wie Florian Illies, der Kurator dieser Schau, betont. 

Hagenauer

MAK, Wien, bis 3. September

Wie paradox: Ein Wiener Ziseleur gründet 1898 eine Manufaktur, die ausgerechnet durch den sukzessiven Verzicht auf Verzierungen reüssiert. Aber die Erfolgsgeschichte der Werkstätte Hagenauer ist eben die der schlichten Schönheit. Man sieht in der Ausstellung sehr gut, wie die kunstvollen Metallobjekte dem Zeitgeschmack folgten: So überwand Gründer Carl Hagenauer den Historismus zugunsten des Jugendstils. Bekannter ist heute wohl sein Sohn Karl, der den Art déco für sich entdeckte, bei dem die Eleganz in der dynamischen Form liegt und nahezu nicht mehr im Ornament. Auch der zweite Sohn Franz setzte auf raffinierte Reduktion in modernen Entwürfen wie seinem „Springenden Pferd“ (1951) aus Messing.

Femme Fatale

Hamburger Kunsthalle, bis 10. April

Nach einer neuen Sicht auf das uralte fiese Klischee der fatalen femme sucht die Hamburger Kunsthalle und hängt misogyne Fin-de-Siècle-Gemälde neben die feministische Kunst seit den Sixties. Präraffaeliten und Symbolisten zeigten – in zugegebenermaßen herrlich verrückten Fantasien – die Frau als potenziell tödliches Objekt der Begierde in den Kostümrollen einer Salome oder Circe. So sollten unabhängige Frauen, die das Patriarchat bedrohten, über die Bilder ins Ehefrauenkorsett geschämt werden. Kein Wunder, dass später die taffe Generation um Birgit Jürgenssen genau das ablehnte und mit Werken wie „Ohne Titel (Olga)“ (1979) das Stereotyp der animalisch-gefährlichen Frau für den eigenen Kampf umnutzte.

Francis Alÿs

Copenhagen Contemporary, Kopenhagen, bis 10. April

Der kleine Junge rollt den alten Autoreifen einen gigantischen Schlackeberg hinauf. Oben angekommen, setzt er sich in den Reifen hinein und saust in wilder Fahrt wieder hinab. Francis Alÿs’ Videokunstwerk „Children’s Game #29: La Roue“ (2021), das in der kongolesischen Stadt Lubumbashi entstand, ist einer von 31 gezeigten Kurzfilmen, in denen der Künstler Kinderspiele auf der ganzen Welt dokumentiert. Seine kleinen Heldinnen und Helden hüpfen durch Hongkongs Verkehrschaos, spielen „Himmel und Hölle“ in irakischen Flüchtlingslagern oder veranstalten auf belgischen Dorfstraßen Schneckenrennen. Ihre unschuldige Begeisterung rührt das Herz, und man wünscht ihnen alles Glück der Welt.

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