Salon du Dessin & Drawing Now Art Fair

Liebe zur Linie

Zwei Messen in Paris feiern die Schönheit der Zeichnung und präsentieren hochwertige Blätter von Rodin, Chagall und Picasso

Von Christiane Meixner
14.03.2023
/ Erschienen in WELTKUNST Nr. 210

Über die Austauschbarkeit von Kunstmessen ließ sich vergangenes Jahr einiges lernen. Am Beispiel der Fiac, die wie der Salon du Dessin ein seit Jahrzehnten wiederkehrendes Ereignis in Paris war, wurde klar, wie rasch sich vermeintliche Traditionen wegfegen lassen: An die Stelle der Fiac trat wie aus dem Nichts die ähnlich gelagerte Paris+ par Art Basel. Und nach ersten Protesten gegen den jähen Umsturz in den Hallen des Grand Palais (respektive in dessen temporärem Ersatz für die Zeit der Sanierung) scheint nach der erfolgreichen Premiere des Art-Basel-Ablegers niemand mehr die Fiac zu vermissen.

Der Salon du Dessin wäre ungleich schwerer zu ersetzen. Dafür sorgt schon sein mit Zeit und Sorgfalt erarbeitetes Profil. Die Konzentration auf exquisite Zeichnungen diverser Jahrhunderte ist ein Alleinstellungsmerkmal, das Museumsdirektoren, Sammler und Kuratorinnen aus aller Welt zusammenbringt: Die Messe hat First-Class-Level auf ihrem Gebiet. 39 Händler beteiligen sich an der 31. Ausgabe im Palais Brongniart, flankiert wird sie von zwei musealen Ausstellungen des Musée de l’Armée und der Fondation Custodia sowie einem wissenschaftlichen Symposium. All das demonstriert, wie sehr der Salon du Dessin seinem Medium verbunden ist und in die Tiefe bohrt: Statt nach Trends schaut er mithilfe neuer Teilnehmer wie der Pariser Galerie Kevorkian lieber die Details persischer Miniaturen an, für die die im 19. Jahrhundert im anatolischen Raum gegründete Kunsthandlung steht.

Mit Bottegantica und Cortona Fine Art, die beide aus Mailand kommen, der Schweizer Bailly Gallery und Zeit Contemporary Art (ZCA) aus New York hat die Messe einige Etablierte mehr zu bieten, die hier erstmals ausstellen: Blätter von Rodin, Chagall, Picasso, Serge Poliakoff, Warhol oder Lucio Fontana. Die Expertise von ZCA reicht von der Konzeptkunst der Sechzigerjahre bis in die Gegenwart, in der sie etwa postume Grafiken von Ellsworth Kelly realisiert.

Bei den Zeitgenossen bekommt der Salon in Paris allerdings Konkurrenz. Was ihn nicht stört, denn er beschränkt sich bewusst auf eine überschaubare Zahl arrivierter Aussteller. Entdeckungen im immerwährend spannenden Medium macht man eher im Le Carreau du Temple auf der auch schon 16. Ausgabe der Drawing Now Art Fair. Sie versammelt 72 Galerien und damit ein vielfach größeres Angebot. Renommierte Namen wie Templon oder Suzanne Tarasieve tauchen auch hier auf − für beide Pariser Galerien ist dies jedoch eher ein Ort des Experiments statt großer Namen. Aus Köln reist neben dem auf Zeichnerisches spezialisierten Galeristen Werner Klein auch Van der Grinten mit vermeintlich surrealen Kakteenstudien von Lorenzo Pompa an, die sich als Kritik an politischer Gewalt entpuppen. Ähnlich aktuell ist ein hinreißendes Großformat von João Vilhena. Der in Paris lebende Portugiese schafft Motive wie aus dem späten 19. Jahrhundert. Das klar gegenwärtige Smartphone in den Händen seines verträumten Fensterstehers gibt erst ein zweiter Blick preis.

Service

MESSEN

Salon du Dessin,

Palais Brongniart, Paris,

22. bis 27. März

salondudessin.com

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Drawing Now Art Fair,

Le Carreau du Temple, Paris,

23. bis 26. März

drawingnowartfair.com

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