Wir drehen eine Runde durch das Labyrinth von Olaf Nicolai, spazieren über den Dorotheenplatz und enden auf dem Gelände der Bauwollspinnerei
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Die Übernachtung auf dem Museumsgelände bietet den Vorteil, direkt neben dem besten Bäcker der Stadt aufzuwachen: Bei Backstein, der Bäckerei für zeitgenössisches Brot, stellen wir uns in die Schlange und drehen danach eine Runde durch das Labyrinth von Olaf Nicolai. Es besteht aus grünen Plastikbesen, wie sie die Stadtreinigung von Paris verwendet. Dann geht es in die Galerie für Zeitgenössische Kunst, die im Mai ihr 25. Jubiläum feiert: Noch in der DDR war die Idee entstanden, ein „Stiftermuseum für internationale und aktuelle Kunst“ zu gründen. 1998 wurde mit der Eröffnung der Museumsvilla die bis dato einmalige Gründung eines Museums für zeitgenössische Kunst in Ostdeutschland nach der Wiedervereinigung besiegelt.
Der 2004 eröffnete Neubau lohnt allein für seine Architektur mit verschiebbaren Wänden und Sichtachsen nach außen. Am 12. Mai eröffnet die neue Sammlungspräsentation. Kinder freuen sich über „Meine Wunderkammern“, eine begehbare Raum- und Klanginstallation mit Virtual-Reality-Animationen. An der benachbarten Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig hängt Hans Haackes Banner „Wir (alle) sind das Volk – „we (all) are the people“ von der documenta 14. Im Galerieraum der berühmten Hochschule, an der unter anderem Neo Rauch studiert hat, läuft bis 3. Juni eine Ausstellung mit Zeichnungen von Maria Lassnig.
Nach so viel Kunst laufen wir ins Kolonnadenviertel und stärken uns mit Miso-Ramen im Tokyo Café. Architektonisch fasziniert die eigenwillige Mischung aus Gründerzeitgebäuden und Plattenbauten. Auf dem Dorotheenplatz stehen die Kopien zweier Barockplastiken von Balthasar Permoser. Bei Rotorbooks, der Buchhandlung für Theorie, Kunst und Literatur, könnten wir Stunden bleiben, und auch das Tschau Tschüssi bietet feinste Produkte, die das Leben schöner machen. In der Straße hat auch der Leipziger Kunstverein e. V. seinen Sitz, dessen Ausstellungen durch die große Fensterfront sichtbar sind. Wir leihen uns Fahrräder und radeln zum Clara-Zetkin-Park, halten auf der Sachsenbrücke, kaufen ein italienisches Eis und lauschen denen, die hier musizieren. Nach einem Abstecher ins Museum für Druckkunst, das mit rund 90 funktionsfähigen Maschinen 550 Jahre Druckkultur präsentiert, fahren wir über die Karl-Heine-Straße zum Spinnereigelände.
In den einstigen Werkhallen haben 120 Künstlerinnen und Künstler ihre Ateliers. Nachdem wir uns im „Spinnerei Archiv Massiv“ die kleine Präsentation über die Geschichte der einst größten Baumwollspinnerei Kontinentaleuropas angeschaut haben, nehmen wir an einer Führung teil, die unter anderem ins Luru Kino mit einer Tapete des Künstlers Christoph Ruckhäberle und ins Porzellanatelier von Claudia Biehne führt. Auch die wichtigsten Leipziger Galerien haben hier ihren Sitz, darunter die international aufgestellte Galerie Eigen + Art, die gerade ihren vierzigsten Geburtstag gefeiert hat. Dreimal im Jahr laden die Spinnerei-Galerien zum Rundgang, einem Kunstwochenende, an dem alle Galerien und verschiedene Künstlerräume mit neuen Ausstellungen aufwarten. Wir sind begeistert von Anna Leonhardt bei She BAM! und Robert Seidel bei ASPN. Thaler Originalgrafik bietet hochwertige Druckgrafiken, und in der Halle 14 gibt es zeitgenössische Ausstellungen zu sehen.
Für den Abend haben wir vorab imRestaurant Céu Dining reserviert und genießen die Aussicht in dieser einzigartigen Kugel, der Oscar Niemeyer Sphere, die der brasilianische Architekt kurz vor seinem Tod konzipiert hat. Wir bewundern Tanz und Performance im Theater Lofft und schlafen noch einmal inmitten von Kunst, diesmal in den Meisterzimmern. Möbel und Details stammen aus der Zeit, als hier Baumwolle produziert wurde. Von unserem Zimmer Nummer drei aus haben wir einen tollen Blick über das gesamte Gelände.