Wir spazieren durch den Ilmpark hinauf zum Schlosspark Belvedere, bestaunen die Schätze des Rokokomuseums und entspannen im Schatten der Herderkirche
3. Tag
ShareJeder hat klein angefangen, Goethe als Student in Leipzig, dessen poetische Frühversuche verschmäht wurden, van de Velde als Kunststicker, der mit seiner Malerei zunehmend unglücklich geworden war. Wir fangen heute mit einem kleinen Frühstück an, im feinen Café Fama in der Windischenstraße, in der man eigentlich jedes Lädchen empfehlen könnte. Danach spazieren wir durch das hohe Gras des Ilmparks hinauf zum Schlosspark Belvedere. Wem die rund vier Kilometer zu weit und zu steil sind, der kann den Bus nehmen oder sich bei Bikey Bike in der Steubenstraße ein Rad leihen. Damit könnten wir später noch durch Streuobstwiesen zu den Dorfkirchen im Umland radeln, die Lyonel Feininger Anfang des 20. Jahrhunderts expressionistisch ins Bild setzte. Der Rundweg auf den Spuren Feiningers ist ungefähr 28 Kilometer lang.
Doch erst mal: Belvedere. Das Schloss auf dem Hügel ließ sich Ernst August I. als Jagd- und Lustschloss Mitte des 18. Jahrhunderts bauen, Vorbild war das Belvedere in Wien. Wir blicken über das weite Tal und die kleine, große Stadt. Wer es bis hierhin noch nicht bemerkt hat: Ja, es gibt auch Platten- und Neubauten in Weimar, nicht nur schnucklig-pastellige Häuschen. Im Rokokomuseum hier oben sind Porzellane, Gläser und Fayencen ausgestellt, in der Orangerie Pelargonien aus Südafrika und mediterrane Erdbeerbäume. Bevor uns vor lauter Pracht ein dünner Schnurrbart oder ein Korsett wächst, spielen wir mit den Musikinternatsschülern noch eine Runde Tischtennis hinter den Kavaliershäusern und fahren zurück ins Tal.
Am Herderplatz gibt es fast mehr kulinarische Optionen als im Schatten Goethes vernachlässigte Weimarer Großintellektuelle (liebe Grüße, Christoph Martin Wieland!). Wir wählen zwischen den Tagessuppen im Estragon, den immer köstlichen Mittagstischen im Jelo, den Kaffeespezialitäten der Röstbrüder oder der Weimarer Kaffeerösterei. An wenigen Orten ist Weimar so entspannt wie hier im Schatten der Herderkirche mit ihrem Cranach-Altarbild, in der jeden Sommersonntag Orgelkonzerte stattfinden.
Es gäbe noch so viel zu tun, zu sehen und zu essen, vom Biedermeiergarten hinterm Kirms-Krackow-Haus bis zu den dicken Pommes mit fantasievollen Mayonnaisen bei Fritz Mitte in der Schützengasse oder dem Designshop DesignWe.Love nebenan. Und dann ist da natürlich noch das Deutsche Nationaltheater mit seinen steilen Oberrängen und der öffentlichen veganen Mensa. Ab dem 23. August wird das Theater wieder vom internationalen Kunstfest bespielt.
Ein letzter Spaziergang zur Universität, falls Ihre Schuhsohlen noch halten. Hinter dem Hauptgebäude vorm kleinen Bauhaus-Atelier tragen Architektur-Studis ihre Modelle unterm Arm in ihre WGs. Neben Rhabarber-Limos und Kaffee im Schatten gibt es hier noch ein paar hübsche, von Studierenden gestaltete Souvenirs: Spielkarten, Schmuck aus Dosenverschlüssen, blau-gelb-rote Ohrringe. Und weil wir in Weimar sind, sind all die Dinge natürlich längst Kultur gewordene Geschichte in dieser zauberhaften Stadt.