Nach ersten Rückgaben aus deutschen Museen wird hier weiter über Restitutionen diskutiert. In Nigeria setzen Verantwortliche auf mehr als nur eine Ausstellung wertvoller Objekte
Von
11.09.2023
In der Diskussion um die Rückgabe der wertvollen Benin-Bronzen von Deutschland an Nigeria setzt die afrikanische Seite nicht auf die Restitution sämtlicher als koloniales Raubgut geltenden Objekte. „Bei der Restitution geht es nicht um die Rückgabe aller Stücke“, sagte der Gouverneur des nigerianischen Edo State, Godwin Obaseki, in Berlin. Die Region umfasst das einstige Königreich Benin, das heute Teil von Nigeria ist.
Deutschland hatte Ende 2022 zunächst 20 Benin-Bronzen aus Museen in Berlin, Hamburg, Köln, Stuttgart und Dresden/Leipzig an das afrikanische Land zurückgegeben. Die bisherigen Abmachungen sehen weiterhin Präsentationen von Stücken auch in Deutschland vor. Mehr als 1100 der Arbeiten aus dem Palast des damaligen Königreichs Benin waren bisher in rund 20 deutschen Museen zu finden. Die Objekte, die neben Bronze auch aus Elfenbein und anderen Materialien gefertigt sind, stammen größtenteils aus britischen Plünderungen im Jahr 1897.
„Wir haben genug Bronzen“, sagte Obaseki mit Verweis auf rund 400 Stücke, die sich in dem westafrikanischen Land befinden. Die Restitution sei ein Prozess, mit dem vor allem auch andere Entwicklungen wie die internationale Museumszusammenarbeit vorangetrieben werden sollen.
Zu den wichtigsten Herausforderungen des Landes und seiner Region zählte Obaseki die Schaffung von Jobs. Dabei sollten kreative Künste und Technologien eine besondere Rolle spielen. In diesem Zusammenhang seien auch die Benin-Bronzen wichtig.
In Deutschland war eine neue Diskussion um Rückgaben und den Verbleib der Bronzen entflammt, nachdem bekannt geworden war, dass der damalige nigerianische Präsident Muhammadu Buhari die wertvollen Kunststücke an den Oba als Oberhaupt des Königreichs Benin übertragen hatte.
„Wir brauchen eine Beziehung des Vertrauens mit welchem Eigentümer der Objekte auch immer“, sagte Obaseki. „Die Diskussion darüber, ob die Regierung oder der Palast zuständig ist, braucht Zeit. Das wird nicht über Nacht gelöst.“ Deswegen gehe es in der Zwischenzeit darum, sich auf die Schaffung eines guten Museums, einer guten Infrastruktur und eines guten Programms zu konzentrieren. „Unser Ziel ist sehr viel umfassender als nur Benin-Bronzen auszustellen.“
Phillip Ihenacho, Mitinitiator des in Benin City geplanten Edo Museum of West African Art (EMOWAA), sieht Entwicklungspotenzial für Kunst- und Kulturtourismus. In dem mit deutscher Hilfe entstehenden Museum sollen auch die Benin-Bronzen unterkommen. „Es wird nicht nur ein Platz für die Benin-Bronzen, sondern für kulturelle Entwicklung“, sagte Ihenacho. Benin-City solle „ein Epizentrum für Kunst und Kultur“ werden. Um das Museum solle ein Bereich geschaffen werden, der zeitgenössischen Kreativen genauso Entwicklungsmöglichkeiten biete wie Besucherinnen und Besuchern.
Die Benin-Bronzen hätten die Debatte ins Rollen gebracht, sagte Ihenacho. „Nun geht es vor allem um Chancen für junge Kreative, um Erziehung.“ Die Gefahr sei, ein Museum zu gestalten, das sich nicht darauf konzentriere, was Menschen auf lange Sicht interessiere. Geplant sei „kein Abenteuer für einen Anlass, sondern eine lebende Institution“. (dpa)