Heute erscheint die letzte Ausgabe des „Informationsdienst Kunst“. Ein Interview mit dem Gründerduo Gabriele Lindinger und Karlheinz Schmid
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19.10.2023
Viele Jahrzehnte waren Gabriele Lindinger und Karlheinz Schmid mit ihrem in Berlin ansässigen Lindiger + Schmid Verlag wichtige publizistische Begleiter des Kunstmarkts und kulturpolitischen Geschehens. Nachdem ihre „Kunstzeitung“ im Juli eingestellt wurde, erscheint am 19. Oktober nun auch die letzte Ausgabe des „Informationsdienst Kunst“. Das allerdings aus freien Stücken, wie der 70-jährige Karlheinz Schmid in seinem Editorial bekannt gab und dabei auf Jörg Immendorf verwies, der seine Kiez-Kneipe „La Paloma“ mit den Worten schloss: „Alles hat seine Zeit.“
Wie kam es eigentlich 1991 zur ersten Ausgabe des „Informationsdienst Kunst“?
Karlheinz Schmid: Es gab zwei Projekte, die vorab bedeutungsvoll waren. Das erste war art aktuell, ein Branchenbrief von Willi Bongard für Galeristen und Sammler, der aber kulturpolitische Themen außen vorließ. Bongard hatte 1985 einen tödlichen Unfall und seine Witwe versuchte dann mit mir ins Gespräch zu kommen, um diesen Dienst fortzusetzen. Das hat aber aus verschiedenen Gründen nicht funktioniert. Damals, in den 1980er Jahren, herrschte eine große Aufbruchstimmung, viele waren am Thema Kunstmarkt interessiert. Ich war einer der wenigen Journalisten, die sich explizit mit diesem Thema befassten. Einige Jahre später habe ich dann für einen Verleger und Sammler im Rheinland ein Magazin und einen Branchenbrief über den Kunstbetrieb entwickelt. Nach wenigen Ausgaben kam dieser Verleger allerdings in größte Schwierigkeiten und machte sich aus dem Staub. Damit war das Projekt gestorben.
Und ihr Informationsdienst Kunst war geboren.
Gabriele Lindinger: Ich hatte damals eine Galerie in Bayern und den „KUNST INTERN“- Newsletter abonniert. Als er eingestellt wurde, fand ich das sehr schade und sagte zu Karlheinz Schmid: Das ist doch konzeptionell und inhaltlich deine Erfindung, mach das doch einfach weiter unter anderem Namen.
KS: Wir hatten uns erst wenige Monate zuvor auf einem Seminar zum Thema Kunstbetrieb kennengelernt und wurden dann schnell ein Paar – privat und beruflich. Gemeinsam haben wir dann 1991 losgelegt.
Der Informationsdienst Kunst hat sich in all den Jahren kaum verändert. Nicht nur der Abo-Preis blieb gleich, sondern auch der Verzicht auf Anzeigen und die gedruckte Erscheinungsweise.
KS: Das waren ganz bewusste Entscheidungen. Der Informationsdienst war als Printmedium konzipiert: Die Leser sollten ihn alle 14 Tage in die Hand nehmen, die Verantwortung spüren. Die Anzeigenfreiheit wollten wir, um wirklich unabhängig über den Kunstbetrieb schreiben zu können. Das hat gut funktioniert, zuletzt mit einem Netzwerk von 16 Autoren in ganz Europa. Wir haben viele Leserbriefe bekommen, wo wir spürten, die Leute arbeiten damit. Die Galeristen, die Sammler, die Museumsleute, die Kulturpolitiker, die Redakteure ….
GL: Du hattest ja immer so einen Begriff für Dich selber: Der Dienstmann. Der weiß, was die anderen da draußen an Kunst-Informationen haben wollen und der sie Ihnen zuverlässig liefert. Selbst noch vom Krankenbett der Intensivstation.
Wie hat sich der Kunstbetrieb für Sie in den vergangenen Jahrzehnten verändert?
KS: Das kann ich auf eine einfache Formel bringen: Quantitativ ist es hochgegangen, qualitativ ist es runtergegangen. Die Kunstfamilie ist sehr viel größer geworden, aber die Auseinandersetzung mit der Kunst selbst hat massiv abgenommen. Daran scheinen immer weniger Leute interessiert zu sein. Es geht eigentlich nicht mehr wirklich um Kunst, sondern um all die anderen Fragen, die uns gesellschaftlich bewegen. Das ist auch in Ordnung so, aber da ich aus einer anders geprägten Generation komme, sehe ich da schon einen gewissen Verlust.
Kehren Sie nun der Kunstwelt komplett den Rücken?
KS: Ich nehme mir nach 33 Jahren die Freiheit aufzuhören, aber das bedeutet keinen Abschied von der Beschäftigung mit Kunst. Wir werden sicherlich nicht in den Ruhestand gehen, sondern irgendetwas anderes erfinden und machen.