José Canops

Mit dem Furnier malen

Eine umfangreiche Schau im Berliner Kunstgewerbemuseum feiert die Möbel des Ebenisten José Canops, der für den spanischen König Karl III. arbeitete

Von Sebastian Preuss
05.12.2023
/ Erschienen in Weltkunst Nr. 221

Achim Stiegel ist einer der besten Möbelkenner, auch international. Aber selbst Experten wie der Kurator im Berliner Kunstgewerbemuseum haben trotz aller Erfahrung noch Erweckungserlebnisse. So geschehen 2014 im Museum Legion of Honor in San Francisco, als er zum ersten Mal ein Zylinderbureau von José Canops sah. „Ich war fast erschüttert von der Qualität.“ Völlig begeistert begann Stiegel, sich mit dem Ebenisten zu beschäftigen, der von 1760 bis 1781 für den spanischen König Karl III. arbeitete.

Die Prunkmöbel sind normalerweise nur in San Francisco und im Palacio Real in Madrid zu erleben. Vielleicht ist das ein Grund, weshalb Canops, der 1733 als Joseph Cnops im damals deutschsprachigen, heute belgischen Montzen bei Aachen geboren wurde und in Paris die Kunsttischlerei auf höchstem Niveau erlernte, heute weitgehend unbekannt ist. Als 2021 ein königliches Zylinderbureau von ihm auf den Markt kam, erwarben die Ernst von Siemens Kunststiftung, die Rudolf-August Oetker-Stiftung und der Freundeskreis des Kunstgewerbemuseums das Schreibmöbel. Daraus entstand die Idee, Canops eine Ausstellung zu widmen.

José Canops
Im Gasparini-Saal im Königspalast in Madrid ist der Prunksessel mit vielen raffinierten Details ein Teil des Gesamtkunstwerks. Jetzt begeistert er als Leihgabe in der Berliner Ausstellung © Patrimonio Nacional, Colecciones Reales. Palacio Real/Stephan Klonk, Berlin

Mit großem ästhetischen Aufwand in Szene gesetzt, stellt die Schau nicht nur Canops’ Möbelkunst heraus, sondern fächert auch den ganzen kulturhistorischen Kontext auf. Das beginnt mit Karl III., der in Madrid mit viel Geld und Ehrgeiz die prachtvolle Ausstattung des Palacio Real vorantrieb. Die künstlerische Leitung über das Appartement des Königs hatte der Venezianer Mattia Gasparini. Er entwarf die Stuckdecken mit üppigen floralen Elementen, die verschlungenen Bandornamente der vielfarbig inkrustierten Marmorböden, für die Wände die Dekorationen der Boiserien und der bestickten Bespannungen. Auch die Muster für die Furnierintarsien von Canops’ Sekretären, Kommoden, Tischen und Sitzmöbeln stammen offenbar großenteils von Gasparini. Alles passte perfekt zusammen. Ein Gesamtkunstwerk aus Girlanden, Rocailles, Blättern und Blüten, dessen verwirrende Pracht die Augen nicht zur Ruhe kommen lässt. Heute ist leider nur noch der Paradesaal (auch „Gasparini-Saal“) weitgehend im Originalzustand zu erleben.

Canops brachte den Standard der besten Pariser Ebenisten mit. In der Qualität der Ausführung wie der Originalität der Dekorationen ging er häufig darüber hinaus. Ein Grund war die Fülle an Tropenhölzern, die aus den spanischen Kolonien zur Verfügung standen. Die Binnenkonstruktionen aller Möbel sind aus kostbarem Mahagoni, das sich bei Feuchtigkeitsschwankungen nicht bewegt – von diesem Luxus konnten Kunsttischler sonst nur träumen. So finden sich bei Canops nicht einmal feinste Haarrisse in den Furnieroberflächen. Auch dafür nutzte er nur exotische Hölzer. Charakteristisch für ihn sind eingelegte Linien aus Ebenholz, die Kanten betonte Canops mit kurvierten Stäben aus Messing oder Beschlägen aus feuervergoldeter Bronze. Beim Berliner Zylinderbureau und den aus Madrid geliehenen Möbeln ist kein Muster zu kompliziert, um es nicht in einen Linienzauber, in eine zarte Szenerie aus Holzeinlagen oder Messing zu verwandeln. Und keine Sessellehne ist Canops zu verdreht, um sie nicht mit perfekten Marketerien zu überziehen. „Er malt mit dem Furnier“, schwärmt Stiegel.

Die Ausstellung thematisiert aber auch, wie die Übertragungswege chinesischer Dekorationen bis nach Madrid funktionierten und wie der Kolonialismus und der Handel mit exotischen Hölzern zusammenhingen. So weitet sich die Wiederentdeckung eines Ebenisten zu einem innovativen Blick auf die ganze Epoche.

Service

Ausstellung

„Canops. Möbel von Welt für Karl III. von Spanien (1759–1788)“,

Kunstgewerbemuseum, Berlin,

bis 11. Februar

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