Götz Valien

Berliner Künstler malt Filmplakate

Götz Valien bringt Schauspieler im Großformat auf die Leinwand. Der Künstler ist einer der letzten Kinoplakatmaler in Deutschland. Er weiß, warum Erfolgsfilme wie „Titanic“ schlecht fürs Geschäft sind

Von Weltkunst News
19.12.2023

Bradley Cooper ist schon ganz gut zu erkennen. Eine braune Haarsträhne fällt dem US-amerikanischen Schauspieler leicht über die Stirn. Nun kümmert sich Götz Valien um die Wimpern. Dafür zückt er einen schmalen Pinsel und schwarze Farbe. Denn das riesige Filmplakat zum Drama „Maestro“ soll einmal an einem Berliner Kino hängen. Später wird es kaum anders aussehen als das originale Poster. Doch es gibt einen großen Unterschied: Valiens Plakate sind handgemalt – und deutlich größer als die Vorlagen.

Der 63-Jährige ist freischaffender Künstler und fertigt nebenberuflich Transparente zu neuen Filmproduktionen für vier Kinos in Berlin an. Dazu zählen unter anderem der Delphi-Filmpalast am Zoo in Charlottenburg und das Kino International, das einst wichtigste Premierenkino der DDR. Das Format unterscheidet sich je nach Filmtheater – beim Delphi sind es etwa 6 Meter mal 9 Meter. Valien sagt, er sei einer der letzten Kinoplakatmaler in Deutschland. Auch im Raum München ist noch ein Künstler für Filmtheater aktiv.

Seit mehr als 30 Jahren im Geschäft

In dem Atelier des Berliners in einem Hinterhof riecht es nach frischer Farbe. Bunte Töpfe mit hellblauer, knallgelber oder roter Farbe stehen auf einer Ablage, daneben Pinsel in allen möglichen Größen. Gemeinsam mit einem Kollegen arbeitet der gebürtige Österreicher seit mehr als 30 Jahren an Filmplakaten. Der Künstler schätzt, er habe bislang mehr als 3000 Plakate gemalt und wahrscheinlich doppelt so viele Gesichter, darunter Stars wie Leonardo DiCaprio oder Penélope Cruz.

Dem Deutschen Filminstitut und Filmmuseum zufolge handelt es sich um eine langsam verschwindende Zunft. Kommunikationswissenschaftler Patrick Rössler von der Uni Erfurt, der sich unter anderem mit historischen Medien wie Filmplakaten befasst, sieht das ähnlich: „Heutzutage ist es wirklich eine exotische Skurrilität, anders kann man es nicht mehr bezeichnen.“

Das habe vor allem finanzielle Gründe. Für viele Kinos sei es nicht machbar, gemalte Kinoplakate zusätzlich in Auftrag zu geben. Außerdem kommen die Filme in einem schnelleren Rhythmus in die Kinos. «Die Filme laufen ja gar nicht mehr so lange in einem Kino. Man müsste also ständig neu malen», sagt Rössler. Und oft seien schlicht nicht mehr so große Werbeflächen vorhanden.

„Titanic“ als Wendepunkt

Auch Valien sagt, bis ins Jahr 2000 habe er etwa 20 Flächen pro Monat bemalt – deutlich mehr als heute. Einen großen Einschlag habe man 1997 erlebt, als der Klassiker „Titanic“ über die Leinwand lief. Damals hätten noch zahlreiche Kinos am Kurfürstendamm existiert. Weil der Film mit Leonardo DiCaprio so gut ankam, hing das Plakat rund drei Monate an deren Fassaden, ehe es gewechselt wurde. Je länger ein Transparent hängt, desto unwirtschaftlicher ist es.

Für ein Plakat braucht er ungefähr zwei Tage und erhält dafür nach eigenen Angaben einige Hundert Euro. Die Schwierigkeit: Die Schauspieler mit den richtigen Proportionen zu übertragen. „Wichtig ist nur, dass die Figuren wirklich stimmen. Wir Menschen haben ja zwei Augen, Nase und einen Mund. Es ist phänomenal, dass man mit diesen paar Koordinaten Menschen überhaupt unterscheiden kann“, sagt Valien.

Das Filmplakat besteht aus mehreren Leinwänden, die dann zusammengesetzt werden. Das bedeutet auch: Der 63-Jährige sieht beim Malen nie das komplette Plakat, sondern immer nur einen Ausschnitt. Ein Projektor hilft ihm, wichtige Umrisse der Vorlage zu vergrößern. Natürlich sehe ein gemaltes Exemplar nicht eindeutig wie das Original aus, sagt er. Gerade dies mache es aber besonders. „Es wird insgesamt abstrakter und poppiger. Ich bin sozusagen wie die Laufmasche im Strumpf. Dadurch, dass das Gemalte einen Tick daneben ist, hat es die Werbewirksamkeit.“

Filmplakatausstellung in Berlin

Für die Yorck-Kinos, zu denen das Delphi und das Kino International gehören, haben die handgefertigten Transparente einen besonderen Charme, wie eine Sprecherin mitteilt. „So, wie wir alte Kinos erhalten, möchten wir auch die mit ihnen verbundenen Besonderheiten erhalten.“ Filmverleiher wollten die Flächen oft im Nachgang der Filmstarts etwa für Büroräume haben.

Das Kulturforum Berlin stellt zudem noch bis März Hunderte originale Filmplakate aus den 1900er bis 2020er Jahren aus – darunter auch Exemplare von Valien. Ansonsten kommen die Leinwände bei ihm weg, nachdem sie mit weißer Farbe überpinselt und mehrmals wiederverwendet wurden. Dann sind sie durch die Farbe so schwer, dass sie nicht mehr benutzt werden können, wie Valien sagt. Bei „Maestro“ jedenfalls ist es noch nicht so weit. Hier trägt er nun schwarze Hintergrundfarbe auf. Dadurch kommt Cooper noch einmal mehr zur Geltung. (Sabrina Szameitat, dpa)

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