Wir beginnen den Tag mit einem Spaziergang auf der Montague Street, nähern uns der berühmten Brooklyn Heights Promenade, überqueren die Brooklyn Bridge und erkunden das kleine, aber beeindruckende Viertel Dumbo
Share„Ich lebe in Brooklyn,“ schrieb Truman Capote, „aus freien Stücken.“ Die ewige Bevorzugung von Manhattan ist Insidern egal! So vielgestaltig ist der New Yorker Bezirk mit seinen 2,7 Millionen Seelen, dass für jede und jeden etwas dabei ist. 1646 hatte die Niederländische Westindien-Kompanie hier auf dem Gebiet der Lenni-Lenape-Ureinwohner die Siedlung Breukelen gegründet. Keine zwanzig Jahre später regierten die Briten bis zum Ende des Unabhängigkeitskriegs 1783. Ein großer Bevölkerungs- und Bauboom setzte nach der Einrichtung einer Dampfschifffähre Anfang des 19. Jahrhunderts ein.
Ein Glück, dass schon vor mehr als fünfzig Jahren ganz Brooklyn Heights unter Denkmalschutz gestellt wurde. So hat sich der viktorianisch anmutende Charakter der baumbestandenen Straßenzüge hier erhalten. In diesem malerischsten Viertel – „eine Fata Morgana“ nannte es der Schriftsteller Capote – wollen wir unsere Tour beginnen. Die gemütliche Montague Street mit ihren kleinen Läden führt direkt auf die berühmte Brooklyn Heights Promenade mit ihrem einmaligen Panorama zu. Vor der Südspitze Manhattans grüßt im New Yorker Hafen die Freiheitsstatue, ein Geschenk Frankreichs an die Vereinigten Staaten. Davor kreuzen Wassertaxis und die Staten Island Ferry mit ihrem Nebelhorn. Die Geräuschkulisse ist vor allem vom Brummen des Brooklyn-Queens Expressway geprägt: Unter uns befindet sich die Stadtautobahn, die Promenade überdacht sie. Unten am Ufer erstreckt sich der erst vor zwei Jahren fertiggestellte Brooklyn Bridge Park mit seinen aufgeschütteten Hügeln, Sportplätzen und Bootsanlegestellen.
Wir folgen der Promenade, die uns aus Filmen von Woody Allen und vielen anderen bekannt vorkommt, nach rechts in Richtung der majestäitischen Brooklyn Bridge. Als das Bauwerk mit seinen neogotischen Spitzbögen 1883 nach Plänen des Thüringer Ingenieurs Johann August Röbling eingeweiht wurde, war es die längste Hängebrücke der Welt. Sie hat nicht nur fünf Spuren für den Autoverkehr, sondern auch einen Fahrrad- und einen Fußgängerweg. Die Überquerung gehört zu den beliebtesten New Yorker Touristenattraktionen. (Für den schönsten Blick empfiehlt es sich, von Brooklyn nach Manhattan zu spazieren.)
Wir bleiben jedoch diesseits des East River und erkunden als Nächstes das kleine, aber beeindruckende Viertel Dumbo, eine Abkürzung für „Down Under the Manhattan Bridge Overpass“. Es sitzt am Fuß der gigantischen Pfeiler der beiden Brücken und wirkt dadurch wie eine architektonische Erfindung von Piranesi. Wenn die Subway hoch über unseren Köpfen über die Manhattan Bridge rattert, vibriert die Luft. Die meisten der alten Lagerhäuser und Fabrikgebäude sind mittlerweile Apartments, und wo einst die Mafia ihre Leichen am Ufer entsorgte, steht heute, in einem Glaspavillon von Jean Nouvel, ein historisches Kinderkarussell. Zu den einladenden Lokalen und Geschäften gehören der Art Space Smack Mellon und die auf Fotografie spezialisierte Galerie von Janet Borden, die Künstler wie Martin Parr, Sandy Skoglund und Neil Winokur im Programm hat. Für den kleinen Hunger: Nebenan gibt es eine sehr gute französische Bäckerei, und gegenüber bei Jacques Torres eine besonders gute heiße Schokolade. Oder lieber ein Stück Pizza bei Grimaldi’s?
Beim Spaziergang durch den Brooklyn Bridge Park in Richtung Süden, immer am Ufer entlang, kommen wir an einem Skulpturenprojekt von Nicholas Galanin vorbei, einem jungen Künstler aus Alaska (bis 10. März). „In every language there is Land“ greift in Material und Höhe die umstrittene Absperrung an der Grenze zu Mexiko auf, im Look dagegen Robert Indianas „Love“.
Wir folgen dem Park bis zur Atlantic Avenue, in die wir einbiegen, um bei der kleinen Galerie Picture Room vorbeizuschauen. Nun ist es nicht mehr weit zum Transit Museum – in einer ausgedienten Subway-Station –, wo neben historischen Waggons die Geschichte des hiesigen Nahverkehrs inklusive Tunnelbau gezeigt wird. Ab 17 Uhr hat die Long Island Bar auf der Atlantic Avenue geöffnet. Wer Glück hat, kann hier bei Toby Cecchini, dem Erfinder des Cosmopolitan, seinen Drink bestellen. Dazu gibt es einen Burger – oder wer Lust hat, zieht zum Dinner weiter ins höchst romantische River Café mit Blick auf die funkelnde Skyline von Manhattan.