Die Berliner Galerie Robert Morat präsentiert Fotografien von Bernhard Fuchs, die den Wald im österreichischen Mühlviertel erkunden
ShareBei Spaziergängen durch Stadt und Land im Herbst oder wie jetzt im Winter fällt auf, dass an manchen Bäumen die Blätter zwar gewelkt, doch nicht abgefallen sind. Ein Prozess des Vergehens, der angehalten wurde und andauert, bis die ersten Frühjahrsstürme die Blätter wegfegen. In der Aufnahme von Bernhard Fuchs ist das bräunlich-rötliche Laub ein Farbelement, dass das Bäumchen von der verschneiten und kargen Waldlandschaft abhebt. Ein auf den flüchtigen Blick unscheinbares Bild: quadratisch, das Motiv ist zentriert, kein weiteres Detail sticht einem ins Auge.
„Ich bin ein unruhiger Geist. Ich suche Bilder, die mich beruhigen“, erzählt Bernhard Fuchs vor dem Bild in den Räumen der Berliner Galerie Robert Morat am Tag der Eröffnung seiner Ausstellung „Mühl“. Tags zuvor hatte der Fotograf seine Bilder selbst gehängt. Die gerahmten Fotografien zeigt er alle im gleichen, von ihm bevorzugten, eher bescheidenen Format 37,5 mal 38 Zentimeter. Noch zuletzt hatte er sich entschieden, die Zahl der Bilder zu reduzieren, um den einzelnen Motiven mehr Raum zu geben. Eine Entscheidung, die im Prozess einer Ausstellungsinstallation sicher nichts Ungewöhnliches ist, die man im Fall von Bernhard Fuchs jedoch als ein deutliches Bekenntnis zum Diktum „Weniger ist mehr“ verstehen kann.
Der 1971 in Oberösterreich geborene Fuchs war einer der letzten Schüler in der Klasse von Bernd Becher an der Kunstakademie Düsseldorf. Bis heute lebt er dort und arbeitet beständig an einem Werk, dass sich mit seiner von ihm so bezeichneten „Herkunftsgegend“ Oberösterreich beschäftigt. Die Vermeidung des betulichen, belasteten Heimatbegriffs erschließt sich unmittelbar bei der Betrachtung dieser zunächst recht nüchtern wirkenden Bilder. Diese gliedern sich in thematische Serien, die jeweils über einen Zeitraum von mehreren Jahren entstanden und als Buch veröffentlicht worden sind. Nach „Autos“, „Höfe“ oder „Waldungen“ ist „Mühl“ (2014–2019) der zuletzt erschienene Band dieser fotografischen Erkundung.
Vom ursprünglichen Vorhaben entlang des Flusses zu fotografieren abgekommen, erfasst Bernhard Fuchs verschiedenste Elemente des Waldes im Mühlviertel. Moosbedeckte Felsen, Wurzeln wie sie aus der Erde wuchern, ein in den moorartigen Bach abgefallener Ast – meist sind es Details, die dem Fotografen ins Auge gefallen sind. Der Betrachter vollzieht eine ähnliche Erfahrung wie die, wenn man im Dunkeln allmählich wieder anfängt zu sehen. Die bekannten, gewöhnlichen Motive wirken anders, wie aufgeladen von einer bestimmten Aura. Diese Änderung der Wahrnehmung geschieht unspektakulär, behutsam und dennoch bestimmt.
„Mühl“, Bernhard Fuchs, bis zum 16. März bei der Galerie Robert Morat in Berlin zu sehen. Noch in diesem Jahr wird ein neues Buch des Fotografen erscheinen.