Mit riesigen Stahlskulpturen wurde Richard Serra weltberühmt. Der US-Künstler eckte auch immer wieder an – wie bei der Arbeit am Holocaust-Mahnmal in Berlin. Jetzt ist er mit 85 Jahren gestorben
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27.03.2024
Als Kind konnte Richard Serra aus seinem Fenster die Schiffe in der Bucht von San Francisco beobachten – und die Faszination von Wasser und großen Stahlstrukturen ließ ihn danach nie wieder los. Mit teils riesigen Stahlskulpturen wurde Serra zu einem der wichtigsten und erfolgreichsten Bildhauer der Welt. Aber er war auch stets umstritten. Die Beliebtheit seines Werks bedeute ihm nichts, betonte der Künstler immer wieder. „Ich glaube nicht, dass Kunst die Aufgabe hat, zu gefallen.“ Am Dienstag starb Serra im Alter von 85 Jahren im US-Bundesstaat New York, wie sein Anwalt John Silberman bestätigte. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge starb er infolge einer Lungenentzündung.
Die meisten von Serras Werken, viele davon nach Modellen in Deutschland hergestellt, sind groß und tonnenschwer. Für mehr als 100 öffentliche Orte hat er Skulpturen geschaffen, von Philadelphia und St. Louis über São Paulo bis Bochum und Kassel. Seinen Entwurf für das Holocaust-Mahnmal in Berlin zog er allerdings im Streit wieder zurück. Die Grundidee mit einem Meer aus Stelen stammt von ihm. Als sein Entwurf aber verändert wurde, zog Serra ihn „aus privaten und künstlerischen Gründen“ zurück. Eine andere Skulptur in New York wurde nach starken Protesten wieder abgebaut. Serra sei so „stählern und kompromisslos wie seine Werke“, schrieb der britische „Guardian“ einmal.
Das renommierte Guggenheim-Museum in New York würdigte Serras Werk und erklärte am Dienstag, seine „monumentalen Arbeiten haben unsere Wahrnehmung von Raum und Form verändert“.
Serra lebte und arbeitete zuletzt in New York, auf Long Island und im kanadischen Nova Scotia. Geboren wurde er am 2. November 1938 in San Francisco. Sein Vater arbeitete einige Jahre lang in einer Schiffswerft – wo die Liebe seines Sohnes für Stahlstrukturen, die schon durch das Beobachten der Schiffe durch sein Kinderzimmerfenster entfacht worden war, weiter befeuert wurde. „Es war eine lebhafte Umgebung“, erinnerte sich der Künstler einmal. „Ich bin arm aufgewachsen, aber die Atmosphäre war reich.“
Serra studierte englische Literatur an der University of California in Santa Barbara und an der Elite-Universität Yale. Danach ging er nach New York, wo er auf andere Künstler wie Donald Judd, Dan Flavin und Jasper Johns traf und bald mit Blei und Stahl zu experimentieren begann. Serras Skulpturen wurden immer größer und schwerer und schließlich bekam der Stahl Kurven. Mit großer Wirkung, wie Serra später erzählte: „Die Menschen haben auf die Kurven reagiert, wie sie nie zuvor auf Ecken und gerade Linien reagiert hatten. Das hatten sie noch nie gesehen. Die Menschen waren bereit für die Kurven.“ Immer mehr Galerien und renommierte Museen räumten für Serra daraufhin riesige Räume frei.
Hin und wieder malte der Künstler auch, aber er blieb auch da meist monochrom. „Ich arbeite an einem pinkfarbenen Bild“, sagte Serra einmal der „New York Times“. „Es ist in meinem Schrank. Oder Grün und Lila. Eine Woche lang habe ich auch ein helles Gelbgrün in Betracht gezogen.“ Ob er das ernst meinte? Das wusste man bei Serra nie so genau. (Von Christina Horsten, dpa)
Übrigens: Noch bis zum 12. Mai zeigen die Kunstsammlungen der Ruhr-Universität Bochum die Ausstellung „Work Comes Out Of Work“ mit Fotografien von Dirk Reinarzt zur Entstehung von Skulpturen von Richard Serra.