Die Nationalgalerie in Kapstadt würdigt die südafrikanische Künstlerin Esther Mahlangu mit einer großen Retrospektive
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28.03.2024
Die südafrikanische Nationalgalerie in Kapstadt ist ein Gebäude im Kolonialstil, wie er Anfang des 20. Jahrhunderts noch typisch war. Den tempelartigen Eingang über der Freitreppe flankieren weiße Säulen. Seit Kurzem leuchten auf der Fassade rechts und links der Säulen zackige geometrische Muster. Sie kündigen die Retrospektive von Esther Mahlangu an, grasgrün und sonnengelb, hellrosa und tiefblau, rot und orange. Starke schwarze Konturen rahmen die einzelnen Formen und Kompartimente und verleihen ihrer Kunst eine eindringliche Entschiedenheit.
Die Fassadengestaltung ist dem kleinen Haus der Künstlerin in Mpumalanga im Nordosten des Landes nachempfunden. Diese große Spanne von der dörflichen afrikanischen Tradition bis zu den etablierten Institutionen der westlichen Kunstwelt steht bildhaft für die Kunst von Esther Mahlangu. Sie geht mit der Kunst ihrer Ahnen über die überlieferten Medien hinaus, ein Gewinn für die Kunstgeschichte, deren Horizont sich endlich weitet.
In Südafrika ist Esther Mahlangu, geboren 1935 in der Nähe von Johannesburg, eine lebende Legende. Zur Ausstellungseröffnung kam sie nach Kapstadt. Es war beeindruckend, die auratische Künstlerin bei der Vernissage hier in der Iziko South African National Gallery zu erleben, in ihrer bunten traditionellen Tracht mit großen Reifen um den Hals, Arme und Beine, dazu weiße Sneakers. Sie spricht Ndebele, kaum Englisch, aber als sie die Anwesenden mit einem lauten, fröhlichen „How are you?“ begrüßte, erntete sie schon Applaus. Mehr wollte sie an diesem Morgen nicht sagen.
Der Titel der Schau, „Then I Knew I Was good at Painting“, spielt auf eine Kindheitserinnerung an. In ihrem Dorf war es Brauch, dass die Mädchen und Frauen die traditionell aus Lehm und Kuhdung gebauten Häuser mit abstrakten Mustern verzieren. Weil sie noch nicht gut genug malen konnte, durfte sie einst nur an der Rückseite des Hauses mitarbeiten. Als sie schließlich an der Fassade mitmachen durfte, wusste sie, dass sie nun eine gute Malerin sei. Da war sie zehn Jahre alt.