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6 Fragen an Franziska Kunze

Franziska Kunze ist seit dem Pandemiejahr 2020 Sammlungsleiterin für Fotografie und Zeitbasierte Medien an der Pinakothek der Moderne in München. In unserem Fragebogen spricht sie über den therapeutischen Zweck der Fotografie, den künstlerischen Nachwuchs und Künstliche Intelligenz

Von WELTKUNST REDAKTION
04.04.2024

Welches ist Ihr Lieblingswerk?

Eine absolut fatale Frage, um die ich meist erfolgreich herumlaviere, weil ich sie beim besten Willen nicht beantworten kann. Zumal das Erleben eines Kunstwerks auch von den äußeren Umständen abhängig ist. Ich hatte neulich einen ganz wunderbaren Moment mit Wolfgang Tillmans‘ fotografischer Arbeit „Freischwimmer 52“. Es befindet sich in der fotografischen Sammlung, die ich an der Pinakothek der Moderne betreue. Als sie für einen Ausstellungsaufbau aus dem Depot geholt wurde, hatte ich das Werk für eine Weile ganz für mich allein im Ausstellungsraum und konnte es in Ruhe und bei vollkommener Stille betrachten. Das war ein wirklich besonderes, geradezu immersives Erlebnis.

Welcher Künstlerin oder welchem Künstler der Vergangenheit wären Sie gern mal begegnet?

Wo soll ich anfangen? Also ich hätte unglaublich gerne Jo Spence kennen gelernt. Ihre Arbeiten, die sie insbesondere zu fototherapeutischen Zwecken entwickelte, haben mich schon frühzeitig im Bachelorstudium beschäftigt – und bis heute nicht losgelassen. Eine schonungs- und kompromisslose Position, die aus meiner Sicht ihresgleichen sucht. Aber ich würde mich auch gerne mit Joseph Nicéphore Niépce, Louis Jacques Mandé Daguerre, William Henry Fox Talbot oder einem/einer anderen Pionier/-in der Fotografie darüber unterhalten, wie es sich angefühlt hat, als sich in den 1830er-Jahren vor ihren Augen die ersten erkennbaren Abbildungen auf den fotografischen Schichten geformt haben. Was empfindet man da? Das muss unglaublich gewesen sein.

Welche aktuelle Ausstellung können Sie empfehlen?

Ich bin neulich bei der Preview der Ausstellung „Size Matters. Größe in der Fotografie“ im Kunstpalast Düsseldorf gewesen, die Linda Conze kuratiert hat. Eine ganz wunderbare Präsentation – mit viel Witz und zugleich erhellenden Momenten. Auf keinen Fall verpassen!

Sammeln Sie? Wenn ja, was?

In meiner Kindheit habe ich Hörspielkassetten gesammelt. Ich frage mich aber gerade, wann das das Thema durch war: Als der Platz im Regal versiegte, ich aus dem Genre herausgewachsen bin oder die Umstellung auf CDs erfolgte?! Ich vermute, dass diese drei Umstände ziemlich genau aufeinandertrafen.

Welche junge Künstlerin oder welcher junge Künstler ist Ihnen zuletzt aufgefallen?

Neulich habe ich an einer Jurysitzung der »follow up-Projektförderung in den Deichtorhallen teilgenommen. Hier wurden fünf fotografische Projekte ausgezeichnet, die von den jungen Fotografie-Absolvent:innen in den nächsten Monaten ausgearbeitet werden. Alle fünf prämierten Künstler:innen sind natürlich sehr vielversprechend, aber ich bin besonders gespannt auf das Vorhaben von Verdiana Albano. Sie setzt sich darin als sogenannter Ost-Millennial aus intersektionaler Perspektive mit den erlebten Umbrüchen der Nachwendezeit auseinander.

Schon mal ein gutes KI-Kunstwerk gesehen?

Vermutlich ist jede Aussage, die man zu diesem Thema tätigt, schon in dem Moment überholt, da man sie formuliert. Aber ich riskiere es. Nach wie vor überzeugt mich Jake Elwes‘ Ansatz im Umgang mit künstlicher Intelligenz. Eine von Elwes‘ Arbeiten war, „Zizi – Queering the Dataset“, war kürzlich in der Ausstellung „Glitch“ zusehen, die ich kuratiert habe. Eine wichtige, aufklärende, kluge und dabei durchaus gewitzte Annäherung an die Frage, wie KI-Systeme genutzt werden können, wenn sie in den Händen queerer Persönlichkeiten sind.

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