Die Sammlerin Ingrid Roosen-Trinks widmet sich seit einem halben Jahrhundert der zeitgenössischen Kunst, mit ihren Werken zog sie vor zwei Jahren nach Schleswig-Holstein. In unserem Fragebogen spricht sie über Frühlingsblumen von David Hockney, die Hamburger Fotokünstlerin Nicole Hollmann und ihre Faszination für KI-Kunst
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12.04.2024
Wer seit fünf Jahrzehnten Kunst sammelt und viele Künstler persönlich kennt, hat meist mehrere Lieblingskünstler, darunter auch meine Freundschaft zu Thorsten Brinkmann. Seine Kunst, die ich Ende der 1990er-tJahre bereits entdeckte, ist skulptural und fotografisch und basiert immer auf gefundenen Alltagsgegenständen und Möbeln. Ein weiterer Künstler, den ich schätze und als Freund betrachte, ist Tom Sachs. Er ist bekannt für seine fantasievollen Nachbildungen von Designs und Technikmeisterwerken mit einfachen Materialien wie Schaumstoff und Sperrholz. Ebenso gehört die Hamburger Fotokünstlerin Nicole Hollmann zu meinen Favoriten. Ihr Thema ist die bewusste Unschärfe, die ihren Arbeiten einen mystischen und magischen Charakter verleiht. Des Weiteren schätze ich den Videokünstler Bjørn Melhus, der in seinen Videos die Veränderungen der Menschen im Fernseh- und Medienzeitalter thematisiert.
Unter meinen Lieblingskünstlern gibt es Werke, die mich stark beeindruckt haben, aber leider unerreichbar blieben – sei es, weil sie bereits verkauft waren oder ihr Preis zu hoch lag. Das ist immer schwer zu verschmerzen, da solche Kunstwerke eine tiefe emotionale Resonanz hervorrufen. So geht es mir zum Beispiel mit Werken wie dem Aquarell einer Vase mit Frühlingsblumen von David Hockney, einer Berglandschaft von Konzeptkünstler Ed Ruscha oder dem großformatigen Acrylgemälde „Smiley“ von Richard Phillips. Trotz persönlicher Begegnungen mit den Künstlern bleiben diese „Schlüssel“-Werke unvergesslich.
Esben Kjær Weile, ein aufstrebender junger dänischer Künstler, den ich bereits seit einiger Zeit auf meiner Beobachtungsliste habe. Im Jahr 2023 kuratierte er eine Ausstellung im ARKEN MUSEUM in Ishøj, Dänemark, die auch einige seiner Werke enthielt. Diese Ausstellung hat mich nachhaltig beeindruckt. Insbesondere seine Skulptur „Butterfly“ würde ich gerne in meiner Sammlung haben.
In Paris läuft noch bis Ende April 2024 die faszinierende Ausstellung „Louise Bourgeois: I Do, I Undo, I Redo“ in der Galerie LeLong & Co. Ein weiterer lohnenswerter Besuch erwartet Kunstliebhaber im Albertina Museum in Wien. Dort läuft bis zum 14. Juli die Roy-Lichtenstein-Retrospektive anlässlich seines 100. Geburtstags. Und natürlich kann ich die kommende Ausstellung „INSTA ME, BABY!“ meines Vereins KUNST für ANGELN e.V. sehr empfehlen. Diese lädt Menschen aller Generationen dazu ein, ihre Kreativität im Kontext der digitalen Welt und sozialen Medien zu erforschen. Ab dem 07. April wird es auf dem Wittkielhof in Norddeutschland neben der Ausstellung mit den unterschiedlichsten Werken auch verschiedene Workshops und Gesprächsrunden geben.
Abgesehen von Kunst sammle ich auch noch andere Dinge wie zum Beispiel Rotweine, alte Autos und ungewöhnliche Kopfbedeckungen.
In Berlin zähle ich Patrick Ebensperger, die Galerie Mehdi Chouakri und die Galerie NEU zu meinen Favoriten. In London schätze ich Zwirner und Hauser & Wirth, während in Los Angeles Gagosian meine Aufmerksamkeit fesselt. In New York bin ich besonders an Fotografiska interessiert und vor allem an allen Galerien in Chelsea.
In den frühen Siebzigerjahren kaufte ich als erstes Kunstwerk eine Arbeit von Horst Janssen. Heute ist es jedoch nicht mehr Teil meiner Sammlung.
Esben Kjær Weile und Thomas Lunau aus Dänemark. Im Norden Schleswig-Holsteins ist mein derzeitiger Favorit Henrik Becker.
KI-Kunst übt auf mich eine faszinierende Wirkung aus, ist jedoch eher ein „Moment-Erlebnis“. Ein Beispiel hierfür sind die eindrucksvollen Animationen und Projektionen von Refik Anadol. Kein anderer spielt die visuelle Überwältigungsmacht von KI-Kreationen derzeit erfolgreicher aus als er. Doch momentan wird eine berechtigte Debatte geführt: Kann eine von KI generierte Arbeit wirklich als „Kunst“ betrachtet werden? Ein spannendes Thema, das zum Nachdenken anregt.