Unser zweiter Reisetag führt uns vom Osten der Stadt zu einem Jagdschloss voller Kunst, in Richtung Westen zum Konzerthaus Casa de Música und ins einstige Fischerdorf Matosinhos
ShareEs ist der Tag der weiten Wege, der uns aber zu Highlights von Kunst und Architektur bringt. Wir fahren nach Osten zur Casa São Roque. Der Kunstsammler Pedro Álvares Ribeiro restaurierte das halb verfallende Jagdschloss von 1759, um seine Sammlung portugiesischer und internationaler Gegenwartskunst im Dialog mit den historischen Räumen zu präsentieren. Sie umfasst rund 600 Gemälde, Skulpturen und Installationen. Die wichtigsten Positionen sind Franz West, Paweł Althamer, Pedro Cabrita Reis, Rui Chafes und Ana Jotta.
Zurück nach Westen, zur Rotunda da Boavista. Auf dem hellen Travertinplatz scheint ein Meteorit eingeschlagen. So jedenfalls sieht das Konzerthaus Casa da Música aus, Portos vielleicht aufregendstes Gebäude. Das polygonale Gebilde aus Sichtbeton, Aluminium und Glas ist ein Meisterwerk der holländischen Architekten Rem Koolhaas und Ellen van Loon. In Sälen und Gängen werden portugiesische Elemente wie Gold und Fliesen aufgenommen. Die Akustik ist Renz van Luxembourg zu verdanken, eine Anregung für einen Konzertabend.
Es geht weiter auf der Avenida da Boavista, die schnurgerade bis ans Meer führt. Bei Hausnummer 1269 machen wir im Restaurant Auge eine längere kulinarische Pause. Im 19. Stock des Porto Palácio Hotels werden Mittagsmenüs mit bester Aussicht serviert.
Nächster Halt ist danach die Fundação de Serralves. Man könnte einen ganzen Tag einplanen, denn das 18 Hektar große Gelände beinhaltet nicht nur das großartige Museum für zeitgenössische Kunst, sondern auch die Art-déco-Villa Casa Serralves, das dem avantgardistischen Filmemacher Manoel de Oliveira gewidmete Kinohaus und den Álvaro-Siza-Flügel. Er wurde 2023 von und für Portugals Stararchitekten und Pritzker-Preisträger gebaut, dessen puristische Handschrift alle modernen Gebäude der Stiftung tragen. Im vor 25 Jahren eröffnete Kunstmuseum werden hochkarätige Wechselausstellungen gezeigt. Bis zum 25. Juni sind noch Joan Miró und Alexander Calder mit „Space in Motion“ zu sehen. Ein großer Landschaftspark bildet die Kulisse für Skulpturen, etwa „Walking is Measuring“ von Richard Serra, die poppige Gartenschaufel von Claes Oldenburg oder „The curious vortex“ von Olafur Eliasson.
Wo das Meer beginnt, liegt Matosinhos, einstmals ein Fischerdorf. Von der Esplanade aus sieht man die rosafarbenen Fischernetze, die sich wellenartig im Wind bewegen und dabei zu einer Monsterqualle aufblähen. „She Changes“ hat die Künstlerin Janet Echelman ihre Installation von 2005 genannt; der Volksmund kennt sie nur als anémona. Die Casa da Arquitectura befindet sich unter dem Dach einer ehemaligen Weinkellerei. Bis Oktober sind Modelle, Zeichnungen, Texte und Filme des brasilianischen Baumeisters Paulo Mendes da Rocha zu sehen. Umfassend ist der Bestand zu Eduardo Souto de Moura, Portos zweitem Pritzker-Preisträger.
Am Ende der Küstenstraße erhebt sich die jüngste Architektur-Perle: der Terminal de Cruzeiros de Leixões für Kreuzfahrtschiffe. Der mehrfach prämierte Entwurf von Luís Pedro Silva von 2015 erinnert außen an einen Oktopus mit vier Tentakeln, innen an eine Schnecke. Die Fliesen an den Wänden sehen aus wie Schuppen, die Klimaanlagen wie Kiemen, die Leuchtröhren wie Gräten. Abends spazieren wir am Meeresufer und auf der Rua Heróis de França und entscheiden uns für Dom Peixe, eines von vielen Fischrestaurants in diesem Viertel.