Bild des Tages

„Wir sind bei euch in der Nacht”

Der Pavillon des Vatikan bespielt ein Frauengefängnis auf der Giudecca-Insel, das so zum außergewöhnlichsten Ausstellungsort dieser Venedig-Biennale wurde. Nun kommt sogar der Papst, um es zu besuchen

Von Simone Sondermann
26.04.2024

Venedig hat gerade eine Gebühr eingeführt, um den Strom von Besucherinnen und Besuchern in die gefährdete, überfüllte Lagunenstadt etwas einzudämmen. Der Besuch, der sich für dieses Wochenende angekündigt hat, stellt die Stadt auch vor große logistische Probleme, dennoch ist er den meisten hochwillkommen: Papst Franziskus kommt nach Venedig und besucht erstmals die Kunstbiennale. Zu seinen Stationen wird auch das örtliche Frauengefängnis auf der Giudecca-Insel gehören, das zugleich einer der ungewöhnlichsten und bewegendsten Kunstorte diese Biennale ist. Der Vatikanische Pavillon hat sich dort eingemietet und Künstlerinnen und Künstler eingeladen, hier auszustellen. Die Arbeiten, etwa von Simone Fattal, Claire Tabouret oder Sonia Gomes, entstanden zusammen mit den Insassinnen. So hat Simone Fattal Gedichte oder Gebete der inhaftierten Frauen in kleinformatige Gemälde übersetzt, die nun im Außengang des Gefängnisses hängen, ein Bereich, der den Häftlingen sonst nicht zugänglich ist. Sonia Gomes schuf aus Häftlingskleidung eine skulpturale Installation, die von der Decke hängt, Claire Tabouret malte neue Bilder auf der Grundlage von Familienfotos der einsitzenden Frauen. Das alles erfahren Besucherinnen und Besucher der Biennale, die sich für eine der Führungen in kleinen Gruppen durch das Gefängnis angemeldet haben, von den Insassinnen selbst. Zwanzig der 80 dort lebenden Frauen wurden zu Kunst-Guides geschult. Ihnen zu begegnen und von ihnen zu hören, was ihnen die Werke bedeuten, gehört zu den eindrucksvollsten Erlebnissen dieser prallvollen Kunstbiennale. Das wird vielleicht auch der Papst so empfinden. Die Ausstellung soll der eigentliche Anlass des Papstbesuchs sein.

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