Lentos Kunstmuseum

Der starke Blick

Margit Palme blickt zurück auf 60 Jahre künstlerisches Schaffen. Nun widmet das Lentos Kunstmuseum in Linz der österreichischen Malerin und ihren selbstbewussten Protagonistinnen eine Einzelausstellung

Von Laura Kunkel
24.05.2024

In diesem Jahr wird Margit Palme 85 Jahre alt und blickt damit zurück auf über sechs Jahrzehnte, in denen sie laut eigenen Angaben über 1000 Werke geschaffen hat. Allein die Hälfte davon ist derzeit in Besitz des Lentos Kunstmuseum in Linz, wo sich ab sofort eine Ausstellung dem umtriebigen Schaffen der österreichischen Künstlerin widmet.

Margit Palme, „Doppel-Grätsche“, 2000
Margit Palme, „Doppel-Grätsche“, 2000. © LENTOS Kunstmuseum Linz

Die Motive sind so simpel wie raffiniert: Frauen beim Sport. Frauen, die rauchen. Frauen, die beherzt in einen Hummer beißen. Oder Frida Kahlo, die mit einem Smartphone posiert. Palmes Figuren scheuen sich nicht davor ungewöhnliche Posen einzunehmen oder viel Haut preiszugeben, sie gehen Alltäglichem nach und sehen uns ganz direkt an. An ihrer bloßen Existenz könnten sich die einen oder anderen kritischen Stimmen der Gegenwart stoßen, als zu lasziv könnten die Blicke gedeutet werden, oder als zu anstößig die Perspektive der beiden Kopfstehenden in „Doppel-Grätsche“ (2000), und zu doppeldeutig der „Krebs im Griff“ (1999).

Margit Palme, „Krebs im Griff“, 1999
Margit Palme, „Krebs im Griff“, 1999. © LENTOS Kunstmuseum Linz

Sich gegenüber Voreingenommenheit in einer nach wie vor männerdominierten Kunstwelt zu behaupten, lernte Palme schon früh. Aufgewachsen mit zwei Schwestern, entdeckte sie das Zeichnen als eine Möglichkeit des Rückzugs und der Verwirklichung eigener Ideen. Mit 14 Jahren traf sie einen Entschluss, der bis heute anhält: ihr ganzes Leben lang will sie Kunst schaffen. Erst folgte eine dreijährige Ausbildung an der Modeschule, wo sie und ihre ausschließlich weiblichen Mitstreiterinnen sich gegenseitig Modell standen, bevor sie an der Linzer Kunstschule bei Alfons Ortner und bei einem Lithografieseminar bei Slavi Soucek an der Salzburger Sommerakademie die Druckgrafik für sich entdeckte.

Margit Palme, „Perücke“, 2008
Margit Palme, „Perücke“, 2008. © LENTOS Kunstmuseum Linz

Besonders angetan hat es ihr die Aquatinta-Radierung, mit der sie seither ihre Bildideen zum Leben erweckt. Zwar experimentierte sie hier und da auch mal mit abstrahierten Formen, kehrte aber immer wieder zu den für sie charakteristischen Frauenakten zurück. Die Themen, unter denen jede ihrer Werkphasen stehen, reichen von der Jagd über den Sport bis zum Zirkus. Zuletzt inspirierte sie die Pandemie zur Auseinandersetzung mit Süchten und Zwängen. Die Erkenntnis, dass die Isolation im Lockdown Süchte befördert hat, ließ die Künstlerin darüber fantasieren, wie eine moderne Interpretation eines Selbstbildnisses von Frida Kahlo aussehen könnte. Eine Art Selbstdarstellungssucht. Prompt bekam die Ikone der Kunstgeschichte ein Smartphone in die Hand, um damit ein Selfie aufzunehmen.

Margit Palme, „Sommergespräch“, 1995
Margit Palme, „Sommergespräch“, 1995. © LENTOS Kunstmuseum Linz

Ohne zu verurteilen, skizziert Palme so ein humorvolles Bild der jeweils gegenwärtigen Gesellschaft, obgleich sie selbst ihre Arbeiten nicht als modern oder aktuell ansieht. Dabei erscheinen die Grafiken der späten 1970er- und 90er-Jahre ebenso zeitlos wie jene der digitalisierten Welt.

Service

Ausstellung

„Margit Palme. Der Blick“,

Lentos Kunstmuseum, Linz,

bis 18. August

Mehr unter: www.lentos.at

 

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