Leopold Museum

Schau zur Neuen Sachlichkeit in Wien

Das Leopold Museum in Wien präsentiert unter dem Titel „Glanz und Elend – Neue Sachlichkeit in Deutschland“ rund 150 Werke, die eine beeindruckende Gesamtsicht auf die Stilrichtung vermitteln

Von WELTKUNST News
24.05.2024

Eine Ziegelmauer trennt zwei Welten: Den feisten, unbelehrbaren Beamten und den an Körper und Seele versehrten Kriegsheimkehrer am Krückstock. Im Bild „Grauer Tag“ (1921) hat George Grosz Alltags-Eindrücke nach dem Ersten Weltkrieg exemplarisch ungeschminkt festgehalten. „Brutalität! Klarheit, die weh tut“, so die Maxime von Grosz. Der Maler (1893–1959) gehört zu den bekanntesten Vertretern der Neuen Sachlichkeit während der Weimarer Republik. Das Wiener Leopold Museum präsentiert unter dem Titel „Glanz und Elend – Neue Sachlichkeit in Deutschland“ vom 24. Mai bis 29. September rund 150 Werke, die eine beeindruckende Gesamtsicht auf die Stilrichtung vermitteln. „Die Menschheit war nach dem Ersten Weltkrieg verroht“, sagte Kurator und Museumschef Hans-Peter Wipplinger. Es sei Zeit geworden für eine Antwort der Kunst auf die verstörende Realität.

Die Jahre, die als die „Goldenen Zwanziger“ gelten, war voller Kontraste: tiefstes Elend und Resignation auf der einen Seite, die flirrende Lebenslust mit ungekannter sexueller Freiheit auf der anderen Seite. Die Schau nähert sich dem Kaleidoskop der Eindrücke in zahlreichen Themenbereichen. Das „Gesicht des Krieges“ spiegelt sich in den Werken von Otto Dix, Karl Hubbuch und Rudolf Schlichter. Der Raum „Lust, Begierde und die Schattenseiten des Lebens“ zeigt unter anderem die Revue-Gruppe „Tiller-Girls“ (1927) von Karl Hofer, eine Leihgabe der Kunsthalle Emden. Bei ihren Auftritten tanzten bis zu 32 gleich große junge Frauen auf der Bühne, die sich in langen Reihen, leicht bekleidet, präzise und völlig synchron bewegten, heißt es in einer Beschreibung der Kunsthalle. 

Die Neue Sachlichkeit antwortete laut Wipplinger auf die politisch-gesellschaftliche Krise und wirtschaftliche Ungewissheit auf zweifache Art: Da seien die Weltveränderer rund um Grosz und Dix gewesen, aber es habe auch Künstler gegeben, die wie Georg Schrimpf in einer neuromantischen Richtung den Rückzug ins Private verherrlicht hätten.  Ein zentrales Merkmal der Zeit sei die Emanzipation der Frau gewesen, deren neues Selbstbewusstsein sich modisch in Bubikopf und Hosenanzügen niedergeschlagen habe. Christian Schads in altmeisterlicher Manier gemaltes „Selbstbildnis mit Modell“ (1927) zeigt eine Frau, die trotz ihrer Narbe im Gesicht voller Gleichmut wirkt.  

Die Ausstellung in Österreich, die dank vieler privater Leihgaben auch bisher kaum sichtbare Werke in den Mittelpunkt rückt, versteht sich als ein Auftakt zu den bevorstehenden Ausstellungen in Deutschland. Denn 2025 jährt sich die für die Kunstrichtung namensgebende Schau „Neue Sachlichkeit. Deutsche Malerei seit dem Expressionismus“ in Mannheim zum 100. Mal. (dpa)

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