Von Andreas Slominskis Fußballplakaten im Museum Folkwang über Marianna Simnett in Berlin bis zum Gastspiel des Schalke Museums – wir stellen zur Europameisterschaft die schönsten Begegnungen von Kunst und Fußball vor
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12.06.2024
Hamburger Bahnhof, Berlin, bis 3. November
Um in die neuste Videoinstallation von Marianna Simnett einzutauchen, müssen die Besuchenden im Hamburger Bahnhof in Berlin erst einmal durch einen dunklen Tunnel wandern, der mit einem weichen Teppich ausgelegt ist. Der Raum, in dem die britische Multimediakünstlerin ihre Ausstellung „Winner“ präsentiert, gleicht einer großen Höhle. Ein süßlicher Geruch wabert um die drei großen Bildschirme, auf denen verstörende Bilder flackern. Der Film taucht tief ein in menschliche Abgründe, bedient sich dabei der Dramaturgie eines Fußballspiels. Denn die Ballsportart steht bei Simnett nicht nur für Teamgeist sondern auch für Machthierarchien und Leistungsdruck. Hier lesen Sie unseren vollständigen Bericht über diese besondere Fußball-Ausstellung.
Museum Folkwang, Essen, bis 14. Juli
Fußballvereine sind Herzensangelegenheiten – und dabei oft mit dem eigenen Lebensweg verbunden. Doch wie soll man sich entscheiden, wenn bei einem Kick die Loyalität eigentlich beiden Vereinen gleichermaßen gelten müsste? Diesen emotionalen Zwiespalt verspürte der Künstler Andreas Slominski, als er 1986 ein Plakat sah, das ein Fußballspiel des Vereins Altona 93 gegen die Mannschaft des SV Meppen ankündigte. In Hamburg lebte der Künstler zu dieser Zeit, in der Stadt in Ostfriesland hatte er das Licht der Welt erblickt. Ein Dilemma also. Das Slominski produktiv nutzte, indem er zwei Jahre lang Ankündigungsplakate von Fußballspielen sammelte und daraus seine Serie „Wohnorte gegen Geburtsorte“ (1986–1988) machte. Diese konzeptuelle Werkgruppe, die Slominski 2019 dem Museum Folkwang schenkte, ist aus heutiger Sicht ein verkapptes Porträt der Bundesrepublik einer versunkenen Zeit. Und eine Liebeserklärung an die Provinz: sind doch kleine Orte wie Baunatal, Havelse oder Schöppingen neben den Bundesliga-Großstädten gleichberechtigt verewigt.
Kunstmuseum Gelsenkirchen, bis 4. August
Als traditionsreicher Club mit vielen Ach und Wehs, einstiger Meister der Herzen und noch immer einer der mitgliederstärksten Fußballevereine Deutschalnds hat der FC Schalke 04 natürlich ein eigenes Museum. Nun kooperiert dieses zur Europameisterschaft erstmals mit dem kleinen, aber feinen Kunstmuseum Gelsenkirchen. Dessen Museumsdirektorin Julia Höner lud dazu den Künstler Peter Piller ein, Exponate aus dem Schalke-Museum zusammen mit seinen eigenen Fotografien zu neuen künstlerischen Fußballwelten zu inszenieren. Seit 1998 stellt der in Hamburg lebende Piller thematische Bildserien in seinem Archiv zusammen, vor allem Regionalzeitungen sind stets ihm eine kostbare Quelle.
Deutsches Fußballmuseum, Dortmund, bis 14. Juli
Alle Nationen, die an der Europameisterschaft 2024 teilnehmen, sind mit mindestens einer Künstlerin oder einem Künstler in der immersiven Sonderausstellung vertreten. Auf 1000 Quadratmetern zeigt die Schau, wie sich Kunst und Fußball gegenseitig beflügeln. Die Kunstwerke sind auf riesigen Leinwänden zu erleben, während im dunklen Saal spannungsvolle Klänge ertönen. Mit dabei sind Arbeiten von Paul Klee über Salvador Dalí bis Banksy. Bei „Repräsentation II“ des Surrealisten René Magritte wird erst auf den zweiten Blick erkennbar, dass sich das abgebildete Fußballfeld zwischen den Säulen auf der linken Seite kunstvoll doppelt.
Auswanderermuseum BallinStadt, Hamburg, bis 1. September
Diese Ausstellung blickt auf eine eine besondere Facette des Fußballs. Denn der gesellschaftliche Aspekt der Migration hat den Ballsport schon immer geprägt. „Migration und Fußball gehören untrennbar zusammen. Diese Symbiose ist beispielhaft für unser Leben und zeigt auf verschiedene Art und Weisen, welche Bedeutung der Sport auf der gesellschaftlichen Ebene hat“, sagt der Geschäftsführer des Auswanderermuseums Volker Reimers. Die Schau erkundet, wie sich die Sichtbarkeit der Profi-Spielerinnen und -Spielern mit Zuwanderungsgeschichte in den letzten Jahrzehnten verändert hat. Auch der noch immer bestehende Rassismus im Sport wird thematisiert sowie das Projekt „Integration durch Sport“ vorgestellt.