Kunstmesse in Bad Gastein

Dem Rauschen lauschen

Die kleine Messe art:badgastein findet zum dritten Mal statt. Ihren Reiz bezieht sie auch durch das Sommerfrische-Kunstfestival, zu dem sie gehört – und die malerische Landschaft

Von Christiane Meixner
09.07.2024

In Bad Regina beschwört David Schalko nicht weniger als den Untergang Europas. Wie durch ein Brennglas blickt der österreichische Autor auf einen bizarren Flecken in den Alpen, der zum Spielball finanzieller Jonglagen wird.

Den Titel seines 2020 erschienen Romans ziert ein Motiv mit einem prachtvollen Haus, das an die Hochzeiten der Grand Hotels erinnert ‒ und einen Wasserfall, der sich einmal durch den gesamten Kurort schlängelt. Damit ist eigentlich schon klar, dass Schalko in seiner bitterbösen Ironie auf Bad Gastein zielt: Die schönsten Hotels vor einem fantastischen Bergpanorama standen hier tatsächlich gleich ein paar Jahrzehnte leer, weil ein Team aus Investoren „Monopoly“ spielen wollte. Real, mit Luxusherbergen, in denen teils noch die Betten bezogen waren und sich Staub über alles legte.

Ein lost place ganz nach dem Geschmack der Kunst, die solche Orte liebt. Berlin und sein Umland waren bis weit in die 2000er-Jahre ein Paradebeispiel dafür, wie sich ungenutzte Architektur revitalisieren lässt. Vielleicht erklärt das die starke Präsenz von Künstlerinnen, Künstlern und Galerien während der Art Bad Gastein. Seit 14 Jahren verwandelt Andrea von Goetz den alpinen Ort, der lange nur den Wintersport kannte, für einige Wochen in ein Sommerkunstlager.

Während Schalko noch darüber brütete, wie er den unfassbaren Niedergang eines einst glamourösen Hotspots im Salzburger Land literarisch bearbeitet, hat sich von Goetz an die Arbeit gemacht. Dass in Bad Gastein inzwischen wieder Leben einkehrt und nach den Pionieren aus dem Kunstbereich auch Hoteliers aus dem Luxus-Segment die historischen Bauten wiederbeleben, hat viel mit dem Engagement der Sammlerin und Netzwerkerin zu tun. Es gibt eine Sommerakademie, Ausstellungen zeitgenössischer Kunst in dafür reservierten Räumen oder verlassenen Ladengeschäften. Und es gibt, zum dritten Mal im alten Kraftwerk, die Messe art:badgastein. Diesmal sind die Galerien Carolyn Heinz, Kai Erdmann, Holthoff, PSM, Zeller van Almsick aus Wien und die Knust Kunz Gallery Editions aus München dabei, die Künstler wie Carsten Fock oder Sophie Schmidt betreuen. Mit dem Straat Museum Gallery Amsterdam und dem Wiener museum in progress kommen zwei institutionelle Einrichtungen dazu.

In Bad Gastein konzentriert man sich auf kleine Arbeiten, die notfalls im Zug mitreisen können

Die art:badgastein ist eine Veranstaltung im Boutique-Format, beinahe schon familiär. Das Format konzentriert sich auch innerhalb der art:badgastein auf kleine Arbeiten, die notfalls im Zug mitreisen können. Ein bisschen Expansion , was die Zahl der Kunsthändler betrifft, kann sich von Goetz schon vorstellen. Vor allem aber geht es um „einen besonderen Austausch zwischen Kunstschaffenden, Sammelnden und Galerien ‒ mit Ruhe und Zeit“.

Verkauft wird auch, das bestätigt Sabine Schmidt, die wie Carolyn Heinz mit ihrer Galerie PSM bereits das dritte Mal anreist. Wichtig scheint eine innere Verbindung zwischen der Kunst, die im Kraftwerk hängt, und jener Ausstrahlung, die Bad Gastein mit dem Charme eines von der Zeit überholten Kurorts mit der unglaublichen Energie des Wasserfalls verbindet, den man wirklich überall hört. Nathan Peter, von Schmidt im vergangenen Jahr gezeigt, hat so eine Kohärenz: Seine Leinwände fransen aus, die Farbe zersetzt sich oder imitiert Natur, die sich als Moos und Flechten den urbanen Raum zurückholt.

Kai Erdmann aus Berlin ist zum ersten Mal hier, aber auch er bringt mit Martin Neumaier einen Künstler mit, der das Surreale und das Alltäglichen zu mysteriösen Bildgeschichten verknüpft. Überhaupt bettet sich die art:badgastein in das Kunstfestival, das Mitte Juli startet und bis tief in den August dauert. Allein wegen der Messe kommt wohl kaum jemand, auch wenn sie mit ihrer dritten Ausgabe nicht länger bloß drei Tage, sondern eine ganze Woche läuft. Es geht um das Gesamtkunstwerk Bad Gastein, um die Projekte innerhalb der „sommer.frische.kunst“, zu der inzwischen auch ein Parcours mit Skulpturen gehört.

Auf der Kaiser-Wilhelm-Promenade stößt man auf Pop-up-Ausstellungen, die der Architekt und Hotelier Ike Ikrath kuratiert. Im Radon Pavillon stellen Alexandra Lier und Thierry Kazazian aus, für „soziale Interaktion“ sorgt der „Alpine Gothic Stammtisch“ in Kooperation mit dem Salzburger Trakl Haus, der am 22. Juni beginnt. Im Anschluss an die Messe wird es die dreitägige Ausstellung „show your art“ geben, für die Künstler und Künstlerinnen aus der Region Arbeiten eingereicht haben. So öffnet sich ein weiteres Fenster in die Bergwelt.

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