Ausstellungen im Herbst

Unsere Ausstellungstipps für September

In diesem Monat bestaunen wir Noah Davis‘ schemenhafte Figuren im Minsk in Potsdam, entdecken moderne Biografien im Brücke Museum Berlin und freuen uns auf künstlerische Bühnenkulissen in der Grimmwelt Kassel 

Von Tim Ackermann & Laura Kunkel
26.08.2024

NOAH DAVIS

Das Minsk, Potsdam, 7. September bis 5. Januar 2025

Schemenhaft sind die Gesichter der Figuren, die in häuslichen und abstrakten Umgebungen tanzen, schlafen oder einer Arbeit nachgehen. Es sind Erfahrungen von Fremden, deren Alltag Noah Davis anhand von anonymen Fotografien nur erahnt und in seinen Gemälden mit eigenen Vorstellungen verwebt, um das Leben schwarzer Menschen zu erzählen. Einige Szenen verweisen im Titel auf existierende Orte („Pueblo del Rio: Arabesque“, 2014), stellen persönliche Bezüge zum Künstler her („Painting for my Dad“, 2011) oder be nennen explizit Leerstellen wie das Porträt der Mutter mit ihrem Kind „Single Mother with Father out of the Picture“ (2007–2008).

Noah Davis, „Single Mother with Father out of the Picture“
Noah Davis, „Single Mother with Father out of the Picture“, 2007–2008. © The Estate of Noah Davis, Courtesy The Estate of Noah Davis und David Zwirner/Foto: Kerry McFate

MANIFESTA 15

Diverse Orte, Barcelona, 8. September bis 24. November

Der katalanische Architekt Antoni Bonet i Castellana entwarf Anfang der 1950er Jahre ein Familienhaus für Ricardo Gomis, Mitglied des avantgardistischen Kunstkollektivs CLUB49, und seine Frau Inés
Bertrand Mata. Die ikonische Villa „Casa Gomis“ entwickelte sich schnell zu einer experimentellen Begegnungsstätte, in der sich Künstler wie Joan Miró und Antoni Tàpies trafen. Für die Manifesta 15 öffnet der charakteristische Gewölbebau seine Türen erstmalig für das Publikum. Mit insgesamt 16 spektakulären Locations spürt die bisher größte Edition der europäischen Wanderbiennale den lokalhistorischen Perspektiven und der sich ständig verändernden Struktur der Metropolregion Barcelona nach.

„Casa Gomis“
Die ikonische Villa „Casa Gomis“ kann während der Manifesta 15 besichtigt werden. © Manifesta 15 Barcelona/Nomad Studio

MODERNE BIOGRAFIEN

Brücke-Museum, Berlin, 1. September bis 24. November

Provenienzuntersuchungen der eigenen Sammlung münden im Berliner Brücke Museum in eine höchst spannende Ausstellung: Sie führt vor Augen, wie jüdische Sammlerinnen und Sammler den Expressionismus unterstützten. Eine Protagonistin war die Kunsthistorikerin Rosa Schapire im „Bildnis R.S.“ (1915) von Karl Schmidt Rottluff. Ebenso geehrt wird der Kunsthändler Victor Waller stein. Der war um 1940 in der Not gezwungen, das Gemälde „Erich Heckel und Otto Mueller beim Schach“ (1913) zu verkaufen. Für dieses Bild wurde unlängst mit Wallersteins Nach kommen eine Einigung erzielt, sodass es im Museum bleibt.

Karl Schmidt Rottluff, „Bildnis R.S.“, 1915.
Karl Schmidt Rottluff, „Bildnis R.S.“, 1915. © Nick Ash/VG Bild-Kunst, Bonn 2024

NAUSIKA RAES

Landesmuseum Oldenburg, bis 20. September

Nur für wenige Spätsommerwochen ist zu erleben, wie der Marmorsaal des Oldenburger Schlosses zum Zauberwald wird. Nausika Raes, die 2023 den Preis der Neuen Keramik der Internationalen Keramik
tage Oldenburg erhalten hat, imitiert mit einer Vielzahl von Pflanzenskulpturen die reale Fauna – wie ihre Plastik des Orientalischen Nieswurz, „Helleborus orientalis“ (2022), beweist. Da Raes’ Kreationen stets aus strahlend weißem Porzellan ohne weitere Bemalung gefertigt sind, konzentriert sich das Auge ganz auf die Besonderheiten der filigranen Formen.

Nausika Raes, „Helleborus orientalis“, 2022
Nausika Raes, „Helleborus orientalis“, 2022. © Nausika Raes/Landesmuseum Oldenburg

FRÖSCHE UND FEUER

Kunstforum Ingelheim, 14. September bis 10. November

Die zehn biblischen Plagen trafen Ägypten, als der Pharao das jüdische Volk nicht aus der Sklaverei entlassen wollte. Wasser wurde zu Blut, Frösche und Heuschrecken suchten die Natur heim, eine Finsternis legte sich über das Land. Erst nach der zehnten Plage, die alle Erst geborenen tötete, durfte das Volk Israel ziehen. Der Niederländer Jan Luyken (1649–1712) visualisierte jede dieser Schilderungen aus dem Alten Testament besonders detailreich, wie in „Hagel und Feuer“. Nun haben zehn zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler sich den historischen Radierungen angenähert und präsentieren in dieser Schau ihre Sicht zum Thema „Plage“.

„Hagel und Feuer“ von Jan Luyken
„Hagel und Feuer“ von Jan Luyken. © Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud, Köln/Foto: Stanislaw Rusch

IMAGINARIUM

Grimmwelt, Kassel, bis 13. Oktober

Ein künstliches Geschöpf wird mithilfe von Händen und Stimme ein Leben geschenkt – das macht die Faszination des Puppentheaters aus. In unserem Nachbarland Tschechien hat diese Kunstform eine lange Tradition. Kurator Matěj Forman, selbst Betreiber eines Wandertheaters, erinnert daran mit seinem „Imaginarium“: In diesem Parcours aus künstlerischen Bühnenkulissen kann das Publikum alles über das Puppenspiel erfahren. Kinder staunen über die Vielzahl fantasievoller Figuren, und Erwachsene schmunzeln vielleicht über hintergründige Inszenierungen wie das Kuriositätenkabinett des fiktiven Sammlers Carl Otto Moritz von Hessen Kassel.

Der Eingang des „Imaginariums
Der Eingang des „Imaginariums" in der Grimmwelt. © Nicolas Wefers

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