Highlights München

Fantastische Fülle

In München zeigt die Highlights zum 15. Mal, welche Schätze die Historie birgt und wie gut sich Antiquitäten mit Kunst der Gegenwart mischen

Von Gloria Ehret
16.10.2024
/ Erschienen in Weltkunst Nr. 233

Der Schauplatz ist spektakulär: Im Herzen Münchens, in der ehemaligen Residenz der Wittelsbacher, findet zum 15. Mal die Highlights-Messe mit über 50 Kunsthändlern und Galeristen statt. Generalisten wie Spezialisten präsentieren hochkarätige Objekte vom Mittelalter bis in die Gegenwart. Elf von ihnen stellen auch auf der weltweit führenden Kunst- und Antiquitätenmesse Tefaf aus. Ein schlaglichtartiger Blick auf das Angebot in München offenbart, wie sehr das eigene Erkunden lohnt.

Als Neuaussteller ist Hidde van Seggelen zu begrüßen. Seit 2019 in Hamburg etabliert, kennt er als Chairman der Tefaf die internationale Kunsthandelszene bestens. In München verblüfft er mit jüngsten Hervorbringungen der Gegenwartskunst, die Galerie vertritt unter anderem Andy Holden und den Maler Lutz Driessen. Auch die Galerie Herold, seit 1978 eine führende Adresse in Hamburg und Kampen für norddeutsche Kunst vom Impressionismus bis in die jüngste Gegenwart, ist in München erstmals dabei. Aus der Fülle nennt sie uns Emil Noldes aquarellierte Tuschezeichnung „Theaterszene, Paul Wegener als Holofernes“, um 1910/11, aus der Sammlung Fehr (68.000 Euro) sowie Ivo Hauptmanns Aquarell einer „Brücke an der Seine“ um 1910 (9500 Euro).

Die Generalisten Christian Eduard Franke und Christoph von Seckendorff aus Bamberg verbinden Kunst und Kunsthandwerk vergangener Jahrhunderte zu einem veritablen musealen Interieur-Ensemble.

Ein Paar Meissen Olio-Töpfen mit Deckeln und den zugehörigen „Salami“-Unterschalen Elfriede Langeloh
Ein Paar Meissen Olio-Töpfen mit Deckeln und den zugehörigen „Salami“-Unterschalen Elfriede Langeloh. © Langeloh Porcelain

Georg Laues Kunst und Wunderkammer ruft mit einer komplett erhaltenen und mit sämtlichen Utensilien ausgestatteten höfischen Reiseapotheke Staunen hervor: Das reich verzierte Augsburger Kleinmöbel aus Pappelmaserholz birgt in 21 Schubladen und 26 samtbezogenen Kompartimenten eine Silbergarnitur von Matthias II Baur (um 1681), vom Zungenschaber bis zur Tazza, sowie zwölf kleinen Glasgefäßen und 24 Holzdosen. Ebenfalls heute museal ist der kleine, reich verzierte und feuervergoldete silberne Augsburger Scherzhumpen von 1586, der einst zur Belustigung in feuchtfröhlicher Runde diente. Um 1670 in Ulm entstand ein Elfenbeinhumpen mit Augsburger Silbermontierung und reich geschnitztem Reliefdekor. Laues reiches Scientifica-Programm enthält verschiedenste Sonnenuhren und wissenschaftliche Instrumente.

Peter Mühlbauer, ebenfalls einer der bedeutendsten Tefaf-Aussteller, präsentiert in München einen Augsburger Prunk-Kabinettschrank um 1660 in Ebenholz, mit kostbaren Ruinenmarmor-Einlagen in Paesina und Pietra dura mit vergoldeter Bronze. Das publizierte Luxusmöbel ist ein typisches Beispiel für die Zusammenarbeit verschiedener Kunsthandwerker. Die bizarre Maserung des Ruinenmarmors imaginiert Berg- und Architekturlandschaften. Der Stein wurde aus dem Nahe-Gebiet um Idar-Oberstein oder aus Böhmen importiert (165.000 Euro). Ähnliche Kabinette besitzen das Kunsthistorische Museum in Wien und das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg. Um 1790 schuf David Roentgen in Neuwied den mechanischen Verwandlungstisch in Mahagoni mit vergoldeten Bronzen (160.000 Euro), während das Paar Deckelvasen (um 1880) aus geschliffenem und poliertem porphyrischem Rapakiwi-Granit mit vergoldeten Bronzen und verschlungenem Schlangendekor aus Russland stammt (125.000 Euro).

Die Münchner Kunsthandlung Röbbig ist schon wegen ihrer sublimen Standgestaltung auf der Tefaf stets viel beachteter Anlaufpunkt. Das höfische 18. Jahrhundert prägt ihr Interieur – nun etwa mit Rosalba Carrieras feinem Pastellporträt eines Gentleman sowie einer prächtigen Pendule aus der Werkstatt von André-Charles Boulle, um 1700/1720, mit Satyr und Kybele. Porzellan, vor allem aus Meissen, bildet den Schwerpunkt. Herausragend hier ein Untersatz mit eisenrotem Medaillon und Hafenszenen von etwa 1726 und das Paar Sperber mit Beute, um 1740, von Johann Joachim Kaendler.

Ernst Ludwig Kirchner „Sitzende Dodo“ von 1909
Ernst Ludwig Kirchner „Sitzende Dodo“ von 1909. © Thole Rotermund Kunsthandel

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