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Aura, Wert und Ersatz

Nehmen Kunstwerke Schaden, treten meist Versicherungen auf den Plan. Doch wie lässt sich eine Wertminderung vernünftig feststellen?

Von Susanne Schreiber
01.06.2016

Kaum ein Privatsammler, der nicht eine Geschichte zum Thema unglückliche Ausleihe parat hätte. Wohl dem, der nur eine auf den Kopf gestellte Abbildung seines abstrakten Gemäldes im Katalog zu beklagen hat. Richtig schlecht dran sind jene Geber, die ihr Werk beschädigt von der leihnehmenden Institution zurückbekommen. Transportschäden machen 15 Prozent aller Regulierungen aus, Beschädigungen durch Dritte 20 Prozent, berichtete der Fine Art Insurance Broker Stephan Zilkens auf dem 5. Kölner Versicherungsgespräch während der Art Cologne. Dort wurde deutlich, wie wenig Parameter es gibt, um die Wertminderung eines Kunstwerks zu fassen, und wie unbestimmt die Rechtslage ist. Zunächst ist bei Schäden die Restaurierung zu klären, danach geht es um einen Ausgleich für den Eingriff an der Originalsubstanz. Dabei hätten Sammler oft überzogene finanzielle Erwartungen, heißt es von Versicherungsseite. Da Kunst in der Regel unikat ist, gibt es keinerlei Vergleichsmöglichkeiten, was die Klärung erschwert.
Privater Kunstbesitz ist oft nicht ver­sichert, im Handel hingegen soll die Versicherungsquote bei 80 Prozent liegen. Bei Museen­ greift die Staatshaftung. So war Wertminderung für das Rijksmuseum 1975 kein Thema, als Rembrandts „Nachtwache“ mit acht Messerstichen attackiert und schwer beschädigt wurde. Die teure Restaurierung erhielt der Nachwelt das Meisterwerk.
Der Typus des Sammlers hat sich inzwischen geändert, weg vom Liebhaber hin zum Kunstinvestor. Und auch die Kunst hat ihre Erscheinungsform gewandelt. Sie setzt vermehrt auf Oberflächenglanz. „Makellosigkeit hat heute Bedeutung. Aber sie ist eine Schimäre“, kritisierte der Designsammler Sebas­tian Jacobi, selbst Restaurator, beim Kölner Kunstgespräch. Jacobi beobachtet, dass es bei der Schadensregulierung allein darum geht, möglichst viel herauszuschlagen. „Bei der Kunst geht es aber um Inhalt. Die hört nicht da auf, wo der Schaden beginnt.“
Bei Kunstwerken liegt die obere Grenze einer Wertminderung bei 30 Prozent; darüber geht es – etwa bei Feuereinwirkung – um Totalschäden. Zahlt die Versicherung diese 30 Prozent aus, darf sie das Kunstwerk an sich nehmen. Das bedeutet, dass sich in den Sammlungen der Versicherungen einige solcher „zufällig“ erworbenen Werke befinden dürften. Insidern ist ein weiteres Paradox bekannt: Ein um 30 Prozent wertgemindertes, aber restauriertes Kunstwerk kann dennoch mehrere Millionen Dollar erzielen!
Der Privatsammler muss sich also vor der Leihgabe überlegen, wie er es mit der Gretchenfrage der Beschädigung hält. Zählt er sich zu den Sammlern, die wie Investmentbanker denken und die Liste der Ausstellungsbeteiligungen ihrer Objekte verlängern wollen? Dann wird er den Schadensfall als Risiko einkalkulieren. Oder gehört er zur Gruppe der Bewahrer, die um die Fragilität von Kunstwerken wissen? Dann wird er auf so manche Ausleihe verzichten.
Nix für ungut, Ihre Marktfrau.

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