Haben Sie schon Ihre Wanderschuhe aus dem Schrank geholt, den Rucksack gepackt, und auch die Wasserflasche und die Energieriegel nicht vergessen? Am ersten Tag erkunden wir die kleine Stadt Kronach, ein wahres Schatzkästlein der Geschichte
Oberfranken 1. Tag
ShareDie nächsten Tage erkunden wir auf unserer Sommerkulturwanderung einige der malerischsten Städte, Burgen, Schlösser und Parks – auf einsamen Wegen durch Felder, Auen und Wälder. Allzu steil wird es nicht. Die größten Höhenunterschiede betragen gut 300 Meter, die längste Strecke legen wir mit 26 km am zweiten Tag zurück.
Am ersten Tag erkunden wir die kleine Stadt Kronach. Vom Bahnhof kommend geht man den kurzen Fußweg von der sogenannten Unteren Stadt zur Altstadt, der Oberen Stadt: Mittelalter, soweit das Auge reicht. Sandstein- und Fachwerkhäuser mit spitzen Giebeln und bemalten Fensterläden, Erker, Wehrtürme … Jetzt noch durch das gotische Bamberger Stadttor, und wir stehen innerhalb der Altstadt, die nahezu vollständig von der mittelalterlichen Stadtmauer umgeben ist.
Über allem wacht trutzig die mit fünf starken Bastionen gesicherte Festung Rosenberg, eine der am besten erhaltenen Festungsanlagen in ganz Deutschland – und Symbol Kronacher Wehrhaftigkeit. In den mehr als 1000 Jahren Geschichte der kleinen Holzhandelsstadt schlugen die Kronacher jeden Eroberer erfolgreich zurück: egal ob es 1430 die Hussiten waren, die sie durch Niederbrennen der Vorstädte zum Abzug zwangen, oder ob sie den Bauern- und den Markgrafenkrieg im 16. Jahrhundert überstanden.
Im Dreißigjährigen Krieg warfen sie die siegesverwöhnte Armee Gustav Adolphs von ihren Mauern gleich dreimal zurück. Von einem schwedischen Militär ist der Ausspruch überliefert: »Die Kronacher seind wie die Teifl und ihre Weiber noch neunmal schlimmer.« Nur 1806 ließen die Kronacher den französischen Kaiser Napoleon Bonaparte in die Stadt, der von hier aus den Angriffsbefehl auf Preußen gab. Vermutlich ist es dieser Entscheidung zu verdanken, dass sich Kronach sein spätmittelalterliches Stadtbild so geschlossen bewahren konnte, das heute als Ensemble unter Denkmalschutz steht.
Nach dem Bamberger Tor steuern wir auf den Melchior-Otto-Platz zu, der nach dem Bamberger Fürstbischof aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges benannt ist und dem die Kronacher ein neues Wappen als Ehrung für die Tapferkeit bei der Verteidigung ihrer Stadt verdanken. Rechts vom Brunnen wandert der Blick zwischen zwei neugotischen, ehemaligen Schulhäusern hindurch zur gotischen Stadtpfarrkirche mit dem aufwendig gearbeiteten Johannesportal. Sehenswert ist auch die Renaissancefassade des Alten Rathauses mit seinem prächtigen Portal. Es würde kaum überraschen, wenn jetzt – vollbärtig, Feder am Barett und mit wehendem Mantel – der berühmteste Sohn der Stadt, Lucas Cranach d. Ä., um die Ecke käme. 1472 wurde er hier als Sohn eines Hans Maler geboren, der ihn in der »ars graphica« und vermutlich auch in der Malkunst ausbildete. Als Jugendlicher wurde er in einen Nachbarschaftsstreit verwickelt, dessen Prozessakten bis heute in Kronach lagern. Das heftige Temperament spiegelt sich auch in seinem expressiven Frühwerk.
Auf dem Weg zur Festung Rosenberg, wo mit der Fränkischen Galerie ein Zweigmuseum des Bayerischen Nationalmuseums eingerichtet ist, lädt der Gastgarten Bastion Marie mit weitem Blick über die Dächer der Stadt und die Umgebung zu einer Brotzeit ein. Der Barockbaumeister Balthasar Neumann errichtete den Südflügel der Festung, in dem jetzt 25 Säle der fränkischen Malerei und Skulptur von 1300 bis 1550 gewidmet sind, darunter Cranachs »Christus und die Ehebrecherin« oder »Venus und Amor als Honigdieb«. Für Theaterfreunde gibt es hier oben alljährlich im Juli und August die Rosenberg Festspiele: Im Shakespeare-Jahr 2016 steht »Der Widerspenstigen Zähmung« auf dem Spielplan, daneben Dürrenmatts »Der Besuch der alten Dame«. Als Nachtquartier empfehlen wir das Stadthotel Pfarrhof an der Amtsgerichtsstraße in der Altstadt. Das dazugehörende Restaurant s’Antla – das ist Fränkisch für das Entlein – verwöhnt Sie mit herzhaften ortstypischen Spezialitäten wie Schäufele, Bratwurst oder Sülze von der Bauernente. Schlagen Sie ruhig zu! Morgen steht uns die längste Etappe bevor.