Kunstherbst München

Kunst des 19. Jahrhunderts im Messeherbst

Auf unserem Rundgang durch die Münchener Messen blicken wir heute auf das „lange 19. Jahrhundert“. Das Angebot erstreckt sich vom Biedermeier und Carl Spitzweg bis zu gespachtelten Bildern von Oskar Mulley 

Von Gloria Ehret
20.10.2016

Carl Spitzweg zählt zu den vielgeliebten Malern – weit über seine Geburtsstadt München hinaus. Seine ungemein feine Maltechnik und die Kombination mit hintersinnigen und doch so virtuos hingehauchten Anspielungen macht ihn unsterblich. Das Kunsthaus Bühler offeriert im Postpalast gleich zwei kleinformatige Spitzweg-Ölgemälde, beide mit Rhombus-Monogramm und Werkverzeichnis-Nachweis: Eine „Gesellschaft vor einem Wirtshaus“ (Abb.) aus dem Jahr 1865 und das rund zehn Jahre jüngere Bild „Auf dem Pirschgang“, das einen schneidigen Jägerburschen zeigt, der mit einem Mädchen, die Hand um dessen Taille gelegt, in denWald entschwindet. Christian Mali Ölgemälde „Am Bache. Schwäbische Dorfpartie“ ist signiert, „München“ bezeichnet, 1881 datiert und im Bühler-Werkverzeichnis gelistet (22.000 Euro). Im selben Jahr malte Albert Kappis einen „Abend am Chiemsee – Blick auf die Fraueninsel“. Das Ölgemälde auf Leinwand ist ebenfalls im Bühler-Werkverzeichnis aufgeführt.

Der Hamburger Kunsthändler Dr. Martin Moeller spannt den Bogen weit – von französischen und italienischen Arbeiten des Barock bis ins 20. Jahrhundert. Wobei das 19. Jahrhundert einen Schwerpunkt bildet. In Kürze wird übrigens seine Publikation zu Franz Skarbina vorliegen, die er zusammen mit Miriam-Esther Owese erarbeitet hat. Bei den Highlights zeigt Moeller als Hommage an den Genius loci eine museale Landschaftsstudie von Johann Georg Dillis und ein neu entdecktes Rottmann-Aquarell.

Gemälde unterschiedlicher Schulen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts sind beiderorts gut vertreten. Die signierte und 1862 datierte „Oberbayerische Flusslandschaft“ unter dramatischem Himmel von Christian Ernst Bernhard Morgenstern im originalen Goldrahmen wird nicht lange auf einen neuen Besitzer warten müssen (10.800 Euro, Nikolaus Fink, Postpalast). Kein Jahrzehnt später hat Rudolf von Alt den zauberhaften „Blick durch die Arkaden des Dogenpalastes auf Santa Maria della Salute gemalt. Das lichtzarte Aquarell ist signiert und „Venedig“ betitelt und kommt mit Giese & Schweiger aus Wien nach München in die Residenz (45.000 Euro). Die französische Kunst ist eine Domäne bei Gierhards (Highlights): Unter seinen Ölgemälden ragt die signierte Ansicht „Le Pont Monthulet“ von Pierre Eugène Montézin in idyllisch bewaldeter Flusslandschaft (85.000 Euro) heraus. Auch bei Thomas Salis aus Salzburg steht die französische Malerei des Impressionismus im Focus.

Ludwig von Hofmann Gemälde
Ludwig von Hofmann (1861-1945), "Akt im Freien", Öl/Lwd./Holz, um 1890, 61x45cm (Foto: Kunsthandel von Seckendorff)

Auffallend ist, dass auch die deutsche Malerei der zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts auf den Messen eine positive Neubewertung erfährt. Gregor von Seckendorff hebt innerhalb seiner breiten Postpalast-Offerte ein beeindruckendes, von Leibl beeinflusstes Bildnis eines jungen Mannes von Ludwig Eibl (Wien 1842–1918 München) hervor. Erst zum Bildhauer ausgebildet, entschied Eibl sich 1870 zum Studium der Malerei in München, gehörte bald zum engen Leibl-Kreis und stellte im Münchner Glaspalast sowie bei den internationalen Kunstausstellungen in Berlin aus. Das angebotene Bild gehört wohl zu einem 1874/75 gemalten Porträt-Zyklus, von dem die Berliner Nationalgalerie drei weiter im gleichen Format besitzt (9.600 Euro).

Allen voran, liegt Ludwig von Hofmann wieder im Trend : Bei Gregor von Seckendorff bezaubert dessen lichtumflossener „Akt im Freien“ (Abb.), um 1890 (22.800 Euro). Hofmann, seinerzeit einer der führenden deutschen Maler des Symbolismus und Jugendstils, ist auch bei Dr. Alexander Kunkel in der Residenz vertreten. Der Spezialist für die Kunst dieser Epoche zeigt die Zeichen-Studie eines weiblichen Halbaktes um 1894 für das Gemälde „Idyll“ im Oberen Belvedere in Wien, einem Hauptwerk des Künstlers (9.500 Euro). Von dem bedeutendsten deutschen Tiermaler und -zeichner Wilhelm Kuhnert um 1900 bringt Kunkel die signierte, betitelte und 1902 datierte Bleistiftzeichnung „Riesentukan“ mit (6.500 Euro).

Der Allrounder Strassner hebt unter seinen Gemälden zwei dick gespachtelte Werke von Oskar Mulley aus dessen 1930er Jahren in Garmisch hervor (40.000 und 68.000 Euro).

 

Joseph Gott (1786-1860),
Joseph Gott (1786-1860), "Italienische Windhündin mit ihren Jungen beim Stillen", Marmor, sign., H. 36cm (Foto: Ralph Gierhardts Antiques/Fine Art)

Auch die lange geschmähte Plastik und das Kunsthandwerk der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sind wieder im Aufwind. Ralph Gierhards zeigt zwei Carrara-Marmorskulpturen: die „Hochzeit von Amor und Psyche“, signiert, betitelt datiert und markiert „Original 1876“ von Antonio Giovanni Lanzirotti (62.000 Euro) sowie Joseph Gotts signierte „Italienische Windhündin mit ihren Jungen beim Stillen“ (Abb., 42.000 Euro, Highlights).

Service

Abbildung oben:

Carl Spitzweg (1808-1885), „Gesellschaft vor einem Wirtshaus“, 1865, Öl/Karton, 15,5 x 22cm (Foto: Kunsthaus Bühler)

Messen:

Kunst & Antiquitäten, Postpalast, München, 22. bis 30. Oktober

Highlights – Internationale Kunstmesse, München, Residenz, 26. bis 30. Oktober

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