Ausstellungen

Material Girls im MoMA

Wie haben Frauen die Nachkriegskunst geprägt? Das Museum of Modern Art in New York zeigt es mit Werken von Joan Mitchell, Lygia Clark und weiteren Künstlerinnen aus der Sammlung

Von Laura Storfner
24.07.2017

Als Elaine de Kooning und Joan Mitchell auf einer Party gefragt wurden, was sie zum Gespräch als »women artists« beitragen könnten, meinte Mitchell nur: »Nichts wie weg hier!« Beide malten, ja, und beide waren Frauen. Das bedeutete aber noch lange nicht, dass man sie so einfach in eine Schublade stecken konnte. Jackson Pollock bezeichnete schließlich auch niemand als »male artist«. Er war einfach nur Künstler. Obwohl sie den Abstrakten Expressionismus ebenso definierten wie ihre männlichen Kollegen, scheint die amerikanische Kunstgeschichte der Nachkriegszeit bis heute aus Sicht der Männer erzählt zu werden. Manhattans damalige Künstlerkreise waren ein exklusiver Boys’ Club: Man trank, prügelte sich und übertraf sich gegenseitig mit riesigen Leinwänden. Künstlerinnen waren zwar dabei, aber nie offizielle Mitglieder. Als Jackson Pollocks Action-Painting zum Inbegriff von Männlichkeit wurde, kannte man seine Frau, die Malerin Lee Krasner, ähnlich wie Elaine de Kooning nicht etwa für ihre Kunst, sondern dafür, dass sie das Atelier des Gatten aufräumte. 

Grace Hartigan, die sich in ihren Farbexplosionen mit sprechenden Titeln wie »The King is Dead« an den Übervätern abarbeitete, musste eine Zeit lang unter dem Vornamen George ausstellen. Dabei waren die Arbeiten dieser Künstlerinnen nicht nur mindestens »genauso gut wie die der Männer« (ein »Kompliment«, das die damaligen Kunstkritiker gerne machten), sondern so neuartig, dass die Frage nach dem Geschlecht des Urhebers eigentlich nebensächlich erscheint. Helen Frankenthalers »soak-stain«-Technik, farbgetränkte Leinwände, die an luftige Farbschleier erinnern, beeindruckten nicht nur ihren Freund Clement Greenberg, sondern die gesamte zweite Generation der Farbfeldmalerei.

Museum of Modern Art zeigt Arbeiten aus seiner Sammlung

Was diese Frauen bewirkt haben, beweist das Museum of Modern Art nun mit Arbeiten aus der eigenen Sammlung. Es geht dabei nicht nur darum, Künstlerinnen wie Feliza Bursztyn oder Lygia Clark vorzustellen, denen der Platz im Kanon noch immer nicht sicher ist. Vielmehr soll gezeigt werden, dass die abstrakten Kunstbewegungen der Nachkriegsjahre ohne sie nicht möglich gewesen wären. Mit Frauen tat sich die Avantgarde überall schwer. 

Auch für die Japanerin Atsuko Tanaka folgte der internationale Durchbruch erst spät. Als Teil der Gutai-Gruppe schuf sie Werke unter vollem Körpereinsatz, malte minimalistische Kreise und schwingende Linien, experimentierte aber auch mit neuer Technologie: »Electric Dress« von 1956, ein Kimono aus Glühbirnen, wurde zu ihrem Schlüsselwerk. 

Künstlerinnen im Trend

So viele Künstlerinnen wie noch nie werden momentan mit Einzelausstellungen gewürdigt. Gruppenshows rühmen sich damit, dass sie ausschließlich Frauen zeigen. Man mag diesen Trend als positive Diskriminierung betrachten – ähnlich wie es Elaine de Kooning und Joan Mitchell taten. In einer Zeit, in der Sexismus noch immer Alltag ist, in der Trump Präsident werden konnte und Baselitz ohne Scham verkündete, dass Frauen nicht so gut malen wie Männer, kann es trotzdem nie genug Schauen geben, die verschiedene Künstlerinnen sichtbar machen wollen. In New York bekommen sie nun endlich den Platz in der Geschichte, den sie verdienen.

Service

Abbildung oben

Joan Mitchell, Ladybug, 1957
The Museum of Modern Art, New York. Purchase, 1961. © Estate of Joan Mitchell

Ausstellung

»Making Space: Women Artists and Postwar Abstraction«, MoMA, New York, bis 13. August 

Dieser Beitrag erschien in

WELTKUNST Nr. 129/2017

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