Vom 7. bis 10. Dezember kommen bei Ketterer in München Werke von der Moderne bis zur Gegenwart unter den Hammer. Unser Autor Martin Miersch stellt Ihnen die Highlights der Auktion vor.
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05.12.2016
Er wird hierzulande leider immer noch zu wenig gewürdigt: der Schweizer Expressionist Cuno Amiet. Sein vor dem Motiv wie im Farbenrausch geschaffenes Gemälde »Lueg (Landschaft bei Oschwand)« von 1924 besticht durch subtile Farbharmonien und erstaunliche Tiefenräumlichkeit. Nachdem er in jungen Jahren zum Kreis der Maler um Paul Gauguin und zu den Künstlern der Brücke zählte, lebte Amiet über 60 Jahre in der landwirtschaftlich geprägten Gemeinde Seeberg im Kanton Bern, wo das Bild entstand. Versehen mit einer lückenlosen Provenienz ist es äußerst moderat auf 50.000 Euro taxiert.
1910 malte August Macke seine »Kinder am Brunnen II« als eine von zwei Versionen. »Kinder am Brunnen I« war einst Teil der bedeutenden Sammlung von Bernhard Koehler, dem frühen Förderer des Künstlers. Diese Version wurde allerdings während eines Luftangriffs auf Berlin im Zweiten Weltkrieg zerstört. Das Entstehungsjahr 1910 war für August Mackes Œuvre sehr wichtig, denn erstmals hatte er am Tegernsee die Ruhe, in der Malerei seine Persönlichkeit zu entfalten (Taxe 300.000 bis 400.000 Euro). Zu den weiteren Toplosen der Abteilung Klassische Moderne zählt Emil Noldes mit 500.000 bis 700.000 Euro bewertetes Ölgemälde »Figur und Clematis«. Eine ausgewogene Farbigkeit bestimmt Gabriele Münters 1924 entstandenes Bild »Murnau, Hauptstraße am Sonntag im Mai«. Die ungewohnte Dynamik dieser Komposition ist in der kühnen Perspektive begründet (Taxe 140.000 bis 180.000 Euro).
Im Bereich der Kunst nach 1945 liegt der Fokus auf amerikanischer Kunst. Sie ist mit Cy Twombly, Tom Wesselmann, Roy Lichtenstein, Jim Dine und Louise Bourgeois prominent vertreten. An der Spitze der Abteilung steht jedoch mit Günther Uecker ein deutscher Künstler. Seine imposante, 2002 entstandene und mit 400.000 bis 600.000 Euro bewertete »Spi- rale III« entfaltet eine geradezu sogartige Wirkung. Während Willi Baumeisters »Phantom in Rot« mit einem Schätzpreis von 250.000 bis 350.000 Euro an den Start geht, soll Victor Vasarelys »Korna« 100.000 bis 150.000 Euro einspielen.
Helen Frankenthalers Gemälde »Marchioness« (Taxe 250.000 bis 350.000 Euro) von 1978 lag über 30 Jahre lang unbeachtet in einem Kelleraum in Süddeutschland. Nun kommt damit erstmals eine großformatige Arbeit der renommierten New Yorker Künstlerin bei einer Auktion in Europa zum Aufruf. Helen Frankenthaler, die 2011 in Connecticut verstarb, nimmt kunsthistorisch eine zentrale Rolle am Übergang vom abstrakten Expressionismus zur Farbfeldmalerei ein. Im avantgardistischen New Yorker Kunstbetrieb der 1950er-Jahre kam die junge Künstlerin in Kontakt mit Jackson Pollock und Robert Motherwell und fand in diesem Umfeld zunehmend zu ihrer eigenen spontan-abstrakten, geradezu poetischen Bildsprache.
Ketterer, München, 7. bis 10. Dezember