Im 19. Jahrhundert brach ein neues Kunstzeitalter an. Von der Pracht und Wirkungsmacht der Hofkunst profitierten nun andere Protagonisten: Hirten, Bauern und das einfache Volk. Welche Wege die Künstler einschlugen, zeigt eine Auktion bei Ketterer in München am 18. Mai
Von
07.05.2018
Mit der Französischen Revolution war die Zeit der Hofmalerei beendet. Jacques Louis David, der bis zu diesem Moment Hofmaler des „Sonnenkönigs“ Ludwig XIV. war, schuf ein erstes Bild, das den neuen Souverän – das Volk – ins Zentrum eines großformatigen Historienbildes stellte. Davids Darstellung des „Schwur im Ballhaus von Versailles am 20. Juni 1789“ setzt die kunstgeschichtliche Zeitenwende ins Bild. Für Jahrhunderte war das hierarchisch organisierte Herrscherbild das zentrale Thema der höfischen Historienmalerei. „Alltägliche Personen“ durften nicht im Bild erscheinen. Bestenfalls als jubelnde Menschenmenge am Bildrande. David präsentiert den neuen, aktuellen Bildtyp: das Gruppenbild Gleichberechtigter. Niemand ist in den Vordergrund gestellt. Niemand hervorgehoben. Es gibt keine Hauptperson.
Bis die neue Weltsicht in Leben und Kunst ankam, musste allerdings noch viel Zeit vergehen. Doch die Zeitenwende war da. Landschaft, Tiere, Alltägliches, Dienstboten und simple Gebrauchsgegenstände erhalten Bildwürde. Ein neues Kunstzeitalter bricht an. Erst im 19. Jahrhundert ist die von Gleichberechtigung bestimmte Weltsicht Bild-Praxis. Von der Pracht und Wirkungsmacht der Hofkunst profitieren nun andere Protagonisten, wie die Auktion bei Ketterer am 18. Mai in München zeigt: Franz Defregger verleiht zwei kleinen Reisigsammlerinnen die Würde von Prinzessinnen (1872, Taxe 10.000 Euro), Stefano Bruzzi malt Hirten bei der Schafschur (1885, Taxe 18.000 Euro) und Friedrich Kallmorgen hält zwei Mädchen beim Wasserschöpfen am „Sommernachmittag“ (1893, Taxe 12.000 Euro) so feinsinnig fest, als wären es Adelstöchter.