Auktionen

Heilige Sammellust im Kunsthaus Lempertz

Die Kölner Benefiz-Auktionen erlauben erstaunliche Einblicke in den Nachlass von Kardinal Meisner

Von Frank Maier-Solgk
29.08.2018

Als rund dreißig Kunstwerke aus der Sammlung des Kölner Kardinals bei der Altmeisterauktion im Mai zum Aufruf kamen, machte ein Klappaltar aus dem 14. Jahrhundert Furore. Nach Recherchen der Lempertz-Experten dem Florentiner „Meister des Tobias“ zugeschrieben, kletterte der Hammerpreis bis 400 000 Euro. 

Fast alle der aufgerufenen Lose übertrafen die Erwartungen, etwa die vom Kardinal geschätzten deutschen Romantiker: Carl Gustav Carus’ „Tor einer gotischen Kirche im Mondschein“ erzielte 63 000 Euro, Carl Rottmanns Küstenlandschaft in der Morgensonne 75 000 Euro. Die wertvolleren Arbeiten hatte Kardinal Meisner einst von der befreundeten Bildhauerin Hildegard Domizlaff geerbt. Die Erlöse kommen der Meisner-Stiftung zugute, das heißt der Förderung der Kirchengemeinden im Erzbistum Köln wie in den Ländern Mittel-, Ost- und Südeuropas.

Am 20. September folgt mit mehr als 600 Objekten der anekdotisch-kuriose Teil der Kardinals-Auktion. Sie zeigen die barocke Sammelleidenschaft eines großen Bilderverehrers. Dabei handelt es sich um eine Auswahl: Wie sein langjähriger Vertrauter, Lempertz-Chef Henrik Hanstein, erzählt, konnte er nichts wegwerfen. Schon während seiner Berliner Bischofszeit unternahm er oft Streifzüge durch Antiquitätengeschäfte. Meissener Porzellanfiguren aus einer Kreuzigungsgruppe kommen ebenso zum Aufruf wie Plastiken von Gerhard Marcks, Medaillons mit Heiligenbildern, Kruzifixe, Ikonen – und Mokkatassen mit schlesischen Landschaftsszenen, die an Meisners Heimat erinnern. Witziges ist darunter, wie der süddeutsche Putto mit Kardinalshut: perfektes Maskottchen für die Auktion.

Der Kardinal war für seine Streitlust bekannt. Jetzt könne man, so Hanstein, die gängige Ansicht seines Kunstverständnisses durchaus ein wenig korrigieren. Kunst verstand er zwar als Mittel der Verkündung, aber er war aufgeschlossen für Zeitgenössisches. Gerhard Richters berühmten RAF-Zyklus habe er versucht, für Köln zu erwerben; das MOMA hatte damals die Nase vorn. Bei Lempertz wurde 1988 Otto Dix’ Madonna vor Stacheldraht und Trümmern versteigert, gemalt 1945 in französischer Kriegsgefangenschaft. Meisner sorgte dafür, dass die Arbeit in seinem Berliner Bistum ihre Heimstätte fand. Auch das Kunstmuseum des Erzbistums Köln, Kolumba, das auf hohem Niveau die Verbindung von ästhetischer Wahrnehmung und religiöser Offenbarung sucht, wäre ohne den Einsatz des kunstsinnigen Kardinals nicht denkbar gewesen.

Service

Termin

Benefizauktion Kardinal-Meisner-Stiftung
Lempertz, Köln, 20. September

Dieser Beitrag erschien in

Weltkunst Nr. 147/2018

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