Auktionen

Briefgeheimnis

Seit fast 200 Jahren gibt es die Berliner Autographenhandlung Stargardt. Wir haben zehn Briefe berühmter Künstler und Künstlerinnen ausgewählt, die im März versteigert wurden  – ergreifende, alltägliche und köstliche  Streiflichter auf die Zeitgeschichte

Von Lisa Zeitz
04.03.2019

Eine Einladung zum Atelierbesuch bei George Grosz

„Lieber Max / Es bleibt also bei morgen Sonnabend, komme bitte um 1 ⁄212 ins Atelier / herzl. George“. George Grosz an Max Herrmann-Neiße in Berlin. Die Bildseite zeigt eine Reproduktion von „Mondnacht“ aus der ersten George Grosz-Mappe (Schätzung 200 Euro)

Double Date mit Kandinsky und Münter in der Münchner Ainmillerstraße

„… würden Sie so gut sein, mir mitzuteilen, ob Sie und Ihre Frau Gemahlin Mittwoch Abends gegen 9 Uhr zu uns kommen könnten. Wenn es für Sie schon zu spät ist, dann vielleicht Dienstag um dieselbe Zeit. Bitte wählen Sie den Tag, wie er Ihnen bequem ist. / Mit vielen Grüßen von uns beiden …“ Wassily Kandinsky am 19. Januar 1913. an den Schweizer Maler Walter Helbig, der sich in München aufhielt. Kandinsky und Gabriele Münter lebten von 1908 bis 1914/15 im Gartenhaus der Ainmillerstraße 36. (Schätzung 4000 Euro)

Menzel ist nicht in Stimmung

„Lieber Paul, ich bin nicht bei Stimmung für große Tafel. Habe aus der Heimath eine Nachricht bekommen – – † u.s.w. / Entschuldige mich. Menzel.“ Adolph Menzel an den Künstlerkollegen Paul Meyerheim, Berlin, im Frühjahr 1899. (Schätzung 300 Euro)

Zu viel Zucker für Zille

„Der geehrten Tafelrunde des Stammtisch’s ‘Dornbusch’ in Hamburg erwidert die freundl. Grüsse der alte Zille aufs Herzlichste. Die alte ‘Zille’ hat ein Leck, liegt im Trockendock, vorbei die fröhliche Fahrt – bin schon lange kränklich – war mit zuviel Zucker befrachtet! …“ Heinrich Zille wohl aus Berlin am 15. Dezember 1926. (Schätzung 200 Euro)

Heinrich Zille wohl aus Berlin am 15. Dezember 1926. (200 Euro) Foto: Stargardt
Heinrich Zille wohl aus Berlin am 15. Dezember 1926. (200 Euro) Foto: Stargardt

Die heutigen Maler sind Scharlatane, findet Kokoschka

Zu Kokoschkas „Thermopylae“, heute im Philosophenturm der Universität Hamburg. …“Ich werde dies Bild zwar in London ausstellen, aber bloß um zu beweisen daß zur heutigen Gesellschaft ein französischer Charlatan oder ein italienischer Öldruckfabrikant oder irgend ein confuser russischer Abstraktist, der wilde Patzen und Krinkeln auf die Leinwand schmiert viel besser passt, weil er dem Geist der heutigen Zeit entspricht. Ich bin ein Maler, vielleicht nicht in die Zeit passend, doch in die Kunst eingesponnen, die in der Vergangenheit so unendlich viel Kostbares geschaffen hat für solche Menschen, die Kunst brauchten …“ Oskar Kokoschka am 14. Oktober 1955 (mit verschiedenen Schriftstücken, Schätzung 10.000 Euro)

Barlach wartet auf Verkäufe

… „Die noch nicht verkauften Holzarbeiten habe ich wieder in Besitz genommen, sie standen in der Viktoriastraße nur noch wirkungsvoll herum, ich wartete jahraus, jahrein auf einen andern Ausgang meines Fleißes seit 1925 …“ – der Bildhauer Ernst Barlach am 1. Dezember 1933 an den Schriftsteller und Redakteur Arthur Eloesser, zur Kunsthandlung und dem Verlag Paul Cassirer, der 1926 an den Folgen eines Suizidversuchs gestorben war. (Schätzung 1200 Euro)

Käthe Kollwitz am 12. Juli 1926 an „Dr. Heyne“ (250 Euro) Foto: Stargardt
Käthe Kollwitz am 12. Juli 1926 an „Dr. Heyne“ (250 Euro) Foto: Stargardt

Kollwitz wartet auf ihr Honorar

„… von der Reise zurückkommend hatte ich gehofft die Honorarzahlung von M. 500,– für das Blatt ‘Besuch im Kinderkrankenhaus’ vorzufinden. / Darf ich Sie bitten mir die Summe jetzt auf mein Postscheckkonto … zu überweisen …“ Käthe Kollwitz am 12. Juli 1926 an „Dr. Heyne“ (Schätzung 250 Euro)

Chodowiecki wartet auf Porzellan

… „Sie haben wirklich alles waß ich Ihnen zeigen konnte nur flüchtig sehen können, aber vielleicht kommen wir noch ein mahl wieder zusammen. Heute bin ich auf der Porcelain Manufactur gewesen, konnte aber Ihren Auftrag noch nicht ausrichten, weil die Landschafftteller nicht vorraetig waren, und man 2–3 Wochen braucht um nur die zwey stück anzufertigen“ … Daniel Chodowiecki am 13. Mai 1796. aus Berlin an Wilhelm Gottlieb Becker, Direktor der Dresdener Antikengalerie und Kunstschriftsteller, für dessen Taschenbücher und Almanache Chodowiecki vielfach Illustrationen schuf. (Schätzung 800 Euro)

Lovis Corinth plant eine Ausstellung

„… Falls das Stillleben noch im Besitze der Kunsthandlung Fritz Gurlitt sich befindet, würde ich einverstanden sein, dasselbe in Haag auszustellen. Erlaube mir noch zu bemerken, daß unser Außen Minister Dr Walter Rathenau einen weibl. Akt besitzt, welcher vorigen Sommer in Potsdam ausgestellt war. Vielleicht wäre diese Arbeit von künstlerischer Seite als auch von politischer interessant, daß sie dort vertreten wäre? …“ – Lovis Corinth am 8. Juni 1922 wohl an Alexander Amersdorffer, Sekretär der Preußischen Akademie der Künste in Berlin. (Schätzung 300 Euro)

Lyonel Feininger träumt in New York von Deutschland

„… Sie denken, ich denke, wir sind Beide im gleichen Maasse in die Erinnerungen an frühere, bessere, glücklichere Zeiten eingesponnen; und diese Erinnerungen liegen so tief in uns und sind so unmöglich in Worten auszudrücken, dass wir nicht dazu kommen den Versuch zu machen und einmal zu schreiben. Was ich auch tue, vor der Staffelei oder am Zeichentisch beschäftigt, klingen im Innern die alten Erlebnisse weiter. Und so besonders oft denke ich an die Dresd’ner Tage und an unsre guten Zusammenkünfte … an Ihre Wärme und volle Hingabe an Ihren schönen Beruf. Und, auf der anderen Hand, wird mir in letzter Zeit oft bedeutet, dass man in Deutschland an meine Tätigkeit denkt und dass immer ‘zu wenig’ von meinen früheren Werken im Lande geblieben sind; und dass man begierig ist, Neues zu erblicken“ … – Lyonel Feininger am 24. August 1952 aus New York an den Desdener Kunsthändler Rudolf Probst. (Briefe mit Umschlägen, Schätzung 3000 Euro)

Lyonel Feininger am 24. August 1952 aus New York an den Desdener Kunsthändler Rudolf Probst. (Briefe mit Umschlägen, 3000 Euro) Foto: Stargardt
Lyonel Feininger am 24. August 1952 aus New York an den Desdener Kunsthändler Rudolf Probst. (Briefe mit Umschlägen, 3000 Euro) Foto: Stargardt

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