Der Florentiner Künstler Cimabue ist der Großvater der Renaissance, seine Werke sind extrem selten: Nun hat das französische Auktionshaus Actéon ein neu entdecktes Werk von ihm für mehr als 24 Millionen Euro versteigert
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28.10.2019
Jahrzehnte lang hing das kleine Gemälde unerkannt in der Küche. Nun zog die mittlerweile neunzigjährige Besitzerin um, und ihre Wohnung musste geräumt werden. Die Familie kontaktierte ein Auktionshaus in der Nähe, Actéon in Senlis, 50 Kilometer nördlich von Paris: Die guten Möbel sollten versteigert werden, der Rest kam zu Sperrmüll. Was für ein Glück, dass der jungen Expertin des Auktionshauses, Philomène Wolf, auch die dunkle Holztafel in der Nähe des Küchenherds aufgefallen ist!
Es stellte sich heraus, dass die „Verspottung Christi“ zweifelsfrei ein Original von Cimabue ist. Der Florentiner Künstler, der in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts lebte, ist allen Kunsthistorikern vor allem als Lehrer von Giotto, dem Vater der Renaissance, ein Begriff. Giorgio Vasari hat Cenni di Pepo, der mit Spitznamen Ochsenkopf, also Cimabue genannt wurde, in seinen Viten die erste Biographie gewidmet. Das jetzt gefundene Goldgrundgemälde konnte als Teil eines Diptychons mit insgesamt acht Tafeln identifiziert werden, von denen sich eines, die „Geißelung Christi“, in der Frick Collection in New York befindet, ein anderes, die „thronende Madonna mit Kind“, in der National Gallery in London. Der Vergleich der Tafelrückseiten konnte dank der Spuren, die Holzwürmer hinterlassen haben, sogar klären, dass die „Verspottung“ einst direkt unter der Madonna platziert war.
An diesem Sonntag kam das Werk bei Actéon in einer ansonsten unspektakulären Antiquitäten-Auktion zum Aufruf, für geschätzte vier bis sechs Millionen Euro. Zwischen Bietern im Saal und an den Telefonen kletterte der Preis bis auf sensationelle 19, 5 Millionen Euro, das sind mit Aufgeld 24,180,000 Euro – der höchste Auktionspreis, der je für ein vor dem Jahr 1500 geschaffenes Werk bewilligt wurde. Überhaupt ist es einer der höchsten Altmeisterpreise: An der Spitze steht der Leonardo zugeschriebene „Salvator Mundi“, der vor zwei Jahren mit 450 Millionen Dollar Kunstmarktgeschichte machte, gefolgt von zwei Werken von Rubens, dem „Bethlehemitischem Kindermord“, der 2012 (mit Aufgeld) rund 77 Millionen Dollar einspielte, und „Lot und seine Töchter“, 2016 für 52 Millionen Dollar verkauft, gefolgt von Rembrandt, Raffael und Canaletto.
Cimabues Werke sind so selten, dass ihm nur zehn Werke mit Bestimmtheit zugeschrieben werden. Die „Verspottung Christi“ gehört nun dazu. Der Londoner Altmeisterhändler Fabrizio Moretti hat das Werk im Auftrag von zwei Sammlern ersteigert und sagte der New York Times, er habe fast geweint, als er das Werk in den Händen gehalten habe: die „wichtigste Altmeisterentdeckung der letzten fünfzehn Jahre.“