Auktionen

Tradition am Ku’damm: Leo Spik feiert 100. Geburtstag

Zur Jubiläumsauktion präsentiert sich das Berliner Auktionshaus Leo Spik im Dezember wie gewohnt mit gediegener Qualität in allen Bereichen

Von Sebastian Preuss
02.12.2019

Auf eine hundertjährige Geschichte können nur wenige Unternehmen am deutschen Kunstmarkt zurückblicken, sehr viel mehr als eine Handvoll sind es nicht. Eine dieser rar gewordenen Traditionsfirmen ist Leo Spik in Berlin. Das Auktionshaus erinnert nun stolz an seine Gründung im Dezember 1919.

Eine Florenzzeichnung des Landschaftsmalers Friedrich Wilhelm Klose, um 1830/50; ein Konvolut von 40 seiner italienischen Veduten soll 25 000 Euro kosten, Foto: Leo Spik, Berlin
Eine Florenzzeichnung des Landschaftsmalers Friedrich Wilhelm Klose, um 1830/50; ein Konvolut von 40 seiner italienischen Veduten soll 25 000 Euro kosten, Foto: Leo Spik, Berlin

Klassische Antiquitäten in der Jubiläumsauktion

In der Jubiläumsauktion kommen die bekannten Stärken des Firma zum Tragen: gediegenes Generalistentum, alle Gattungen vom Renaissancegemälde über Asiatika bis zu Möbeln, Teppichen, überhaupt jeglichen Spielarten des Kunsthandwerks. Zu den Prachtstücken gehören diesmal drei Transition-Kommoden mit herrlichen Marketerien, gestempelt von den Pariser Ebenisten Levasseur, Mewesen, Petit und Roussel. Die Taxen von 9000 bis 13 000 Euro sind maßvoll, typisch Spik. Nicht weniger interessant ist eine Gruppe russischer Empire-Möbel, hier locken zurückhaltende Schätzpreise. Silber ist mit einer qualitätvollen Auswahl barocker Stücke aus Augsburg, Nürnberg, Berlin und Frankfurt/Oder vertreten. Und Porzellanliebhaber werden zuerst das vierteilige Teeservice aus Meissen begutachten, um 1725/30 entstanden und von Johann Gregorius Höroldt mit exquisiten Chinoiserien bemalt (Taxe 9000 Euro). Die klassischen Antiquitäten wurden in diesem Haus immer hochgehalten, und von ihrer Krise hat man sich nicht beirren lassen. Dafür stehen Ex­perten wie die agile Susanne Link, die hier schon seit 49 Jahren arbeitet – ein wandelnder Wissensspeicher des Hauses.

Eine Berliner Schatzkammer am Kurfürstendamm

Zu Westberliner Zeiten war Spik der Platzhirsch. Die meisten wertvollen Einrichtungen und Kunstensembles der Stadt, die oft bis in die Zwanzigerjahre oder noch weiter zurückreichten, gingen durch das Ladengeschäft am Kurfürstendamm mit den großen Rundbogenfenstern, der liebenswerten Patina und dem charakteristischen Schriftzug an der Fassade. Eine große Käuferschaft gab es in der Inselstadt nach dem Krieg nicht mehr, dafür aber kamen die Sammler (etwa Georg Schäfer aus Schweinfurt, der hier viel kaufte) wie die Händler aus Westdeutschland und dem Ausland. Sie wussten, bei Spik kommen erstaunliche Stücke aus den Berliner Altbauwohnungen und Grunewald-Villen zum Vorschein, oft zu maßvolleren Zuschlägen als woanders, wobei seit den Sechzigern auch immer wieder sechsstellige Ergebnisse Furore machten. 2005 konnte Spik mit der Sammlung des Schriftstellers Hermann Sudermann, die nach dessen Tod 1928 in seinem Berliner Anwesen überdauert hatte, noch einmal die großbürgerlichen Altmeisterträume von einst wachrufen.

Leo Spik (re.) und Ruth Beder (2. v. re.) 1959 bei der Vorbereitung einer Versteigerung, Foto: Leo Spik, Berlin
Leo Spik (re.) und Ruth Beder (2. v. re.) 1959 bei der Vorbereitung einer Versteigerung, Foto: Leo Spik, Berlin

Die bewegte Geschichte des Auktionshauses

Alles begann am 19. Dezember 1919, als der 25-jährige Leo Spik, mitten in der Krisenzeit nach dem Ersten Weltkrieg, in Schöneberg eine Kunsthandlung eröffnete. Er behauptete sich schnell am hauptstädtischen Markt, meisterte die Hyperinflation von 1923, handelte erfolgreich mit Stücken aus den „Dublettenauktionen“ der Berliner und Dresdner Museen und baute neben den europäischen Antiquitäten auch einen Schwerpunkt asiatischer Kunst auf. Das Geschäft florierte, und seit 1929 wirkte der Kunsthändler auch als Experte der Versteigerungsfirma Continental. Zielstrebig baute er diesen Bereich aus, stieg als Teilhaber im Auktionshaus Union ein, das er im Oktober 1934 übernahm. Die Villa im noblen Tiergartenviertel, wo das Auktionshaus residierte, fiel 1939 Hitlers größenwahnsinnigen Ausbauplänen für die „Reichshauptstadt Germania“ zum Opfer. Das Ausweichquartier wurde 1944 ausgebombt, wobei auch die Geschäftsunterlagen sowie die Kataloge mit den Handeinträgen verloren gingen. Daher ist Spiks Geschichte in der NS-Zeit bislang nur unvollständig bekannt. Man weiß aber, dass hier viele Kunstwerke und Antiquitäten aus geraubtem jüdischen Besitz unter den Hammer kamen.

Ein Paar klassizistische Stühle aus Russland kommt in der Jubiläumsauktion unter den Hammer, taxiert auf 1800 Euro, Foto: Leo Spik, Berlin
Ein Paar klassizistische Stühle aus Russland kommt in der Jubiläumsauktion unter den Hammer, taxiert auf 1800 Euro, Foto: Leo Spik, Berlin

Nach der Währungsreform 1948 startete Leo Spik neu, nun am Kurfürstendamm, wo das Haus bis heute residiert. Das Wirtschaftswunder brachte ertragreiche Zeiten. Von Beginn an dabei war Ruth Beder, die Nichte des Chefs. Sie wuchs bald so kenntnisreich in das Versteigerungsgeschäft hinein, dass sie nach Spiks Tod 1968 die Firma übernahm und mit Energie und charaktervoller Strenge (die es in dieser Männerdomäne auch brauchte) fast vierzig Jahre führte. Ihre trockene Berliner Schlagfertigkeit am Auktionspult war legendär. Die Patronin starb 2018, schon Jahre zuvor hatte sie das Ruder ihrer Tochter Susanna Beder übergeben.

Spitzenlose unter den Gemälden

Die Jubiläumsauktion zeigt wieder einmal, dass Spik immer eine gute Gemälde­adresse war. Da ist das Spitzenlos, ein sehr schönes Bildnis Heinrichs des Frommen aus der Cranach-Werkstatt. Die moderate Taxe von 40 000 Euro lässt Luft nach oben für den charaktervoll dargestellten Sachsenherzog. Bemerkenswert ist auch ein Selbstporträt von Orazio Borgianni, kurz nach 1600. Etwas melancholisch schaut uns der römische Barockmaler an, während sich die Kante eines seiner Gemälde raffiniert in die Komposition schiebt (30 000 Euro). Ein suggestives Schaustück ist die lichtgetränkte, um 1763/68 vom Neapolitaner Pietro Fabris gemalte Ansicht der Bucht Posillipo mit einem königlichen Barkenzug (16 000 Euro). Nicht zu vergessen zwei attraktive Gouachen des polnischen Kubisten Louis Marcoussis (16 000 und 24 000 Euro). Es macht Spaß, in den schier überquellenden Räumen zu stöbern. Und wie immer bei Spik ist auch für den kleineren Geldbeutel genügend dabei.

Service

AUKTION

Leo Spik, Berlin

5. bis 7. Dezember

Dieser Beitrag erschien in

WELTKUNST Nr. 165/2019

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