Die Faszination für Picasso ist bei Sammlern ungebrochen. In diesem Sommer kann man bei Auktionen von Christie’s, Neumeister und Karl & Faber fündig werden
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25.06.2020
Nennen Sie einen Künstler! Die meisten Menschen würden wohl spontan »Picasso« sagen. Wie in jeder Saison kommen auch im Juli wieder bemerkenswerte Lose von ihm unter den Hammer. Seine Schaffenskraft und sein Erfindungsreichtum waren stilprägend für Generationen von Malern und Bildhauern, sei es die Blaue Periode, der Kubismus oder das wilde, ungehemmte Spätwerk bis zu seinem Tod 1973. So wie in der Kunstgeschichte spielt Pablo Picasso auch auf dem Kunstmarkt eine überragende Rolle.
Mehr als 70.000 Werke von ihm listet die Auktionsdatenbank Artprice auf – damit kann wohl kein anderer Künstler konkurrieren. Die meisten stammen aus Auflagen, vor allem Druckgrafik (rund 40.000 Werke) und Keramik (rund 20.000 Werke). Atemberaubende Preise sind bei Picasso keine Seltenheit. Erstmals erzielte im Jahr 2004 ein Kunstwerk auf einer Auktion einen neunstelligen Betrag. Es war Picassos -früher »Junge mit Pfeife« bei Sotheby’s in New York für 104 Millionen Dollar (inklusive Aufgeld). Für den Zuschlag von atemberaubenden 160 Millionen Dollar ersteigerte ein Scheich der katarischen Familie Al Thani im Mai 2015 »Les femmes d’Alger (Version ›O‹)« von 1955 bei Christie’s in New York. Das war wiederum der höchste Preis, der je auf einer Auktion geboten wurde (bis zwei Jahre später der Leonardo zugeschriebene »Salvator Mundi« einen Hammerpreis von 400 Millionen Dollar brachte).
Zu dieser Serie der »Frauen von Algier« inspirierte Picasso im Winter 1954/1955 das gleichnamige Werk von Delacroix sowie der Tod seines größten Rivalen im November 1954: »Matisse hat mir die Odalisken vererbt«, soll Picasso gesagt haben. So schuf er 15 Bilder mit Haremsszenen, die er der Reihe nach von A bis O kennzeichnete. Bei Christie’s kommt am 10. Juli die »Version F« unter den Hammer. Sie ist kleiner als das Rekordbild und auf mindestens 25 Millionen Dollar geschätzt.
Picassos Spätwerk ist unter anderem durch die Liebe zur Keramik gekennzeichnet. Hier können die Preise je nach Auflage und Zustand von einigen Hundert Euro bis zu sechsstelligen Summen reichen. Vor zwei Jahren erzielte »Le hibou gris«, ein Unikat aus dem Jahr 1953, sogar einen Hammerpreis von 2 Millionen Dollar.
Am 16. Juli kommt bei Neumeister in München in der Auktion zur klassischen Moderne und zeitgenössischen Kunst neben Werken von Egon Schiele, Thomas Ruff und Alex Katz Picassos weißer Tonkrug mit Engobenmalerei von 1969 zum Aufruf, der die Editionsnummer 147/200 trägt. Den bauchigen Krug hat der Künstler mit ausdrucksstarken Augen, einer kräftigen Nase und roten Tupfern versehen, die zu einem lockigen Vollbart werden. Das kunstvolle Gefäß ist auf 10.000 bis 15.000 Euro taxiert. Bei Koller in Zürich ist am 4. Juli eine Keramikplatte mit dem Profil von Picassos letzter großer Liebe Jacqueline Roque aus dem Jahr 1956 (Auflage 500) auf 4000 bis 6000 Franken geschätzt.
Ebenfalls dem Alterswerk entstammt eine große Zeichnung, die am 16. Juli als eines der Spitzenlose der Moderne bei Karl & Faber in München antritt und mindestens 250.000 Euro einspielen soll.
Mit selbstbewusstem Strich hat der Künstler am 3. Februar 1967 drei nackte Männer in einer Szene festgehalten, die der griechischen Mythologie entsprungen sein könnte: Neben einem Melonenesser und einem bärtigen Hirten mit Lamm über der Schulter ist ein junger Mann ganz in sein Flötenspiel vertieft. Die Proportionen sind verzerrt, sodass die Füße der Dargestellten im Vergleich zu ihren Köpfen riesenhaft erscheinen. Das hat einen direkten Effekt auf die Perspektive: Der Betrachter liegt ihnen – und Picasso – zu Füßen.
Christie’s, New York, 10. Juli;
Karl & Faber, München, 16. Juli;
Neumeister, München, 16. Juli