Auf unserer Auktionen-Watchlist in dieser Woche: von Michelangelo Pistolettos frühem Spiegelbild beim Evening Sale von Sotheby’s London bis zum Porträt eines Arztes bei Wendl
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19.10.2020
Sotheby’s feilt weiter an seinen Livestream-Formaten. Die beiden Abendauktionen am 21. Oktober in Paris und London finden aufeinanderfolgend statt und werden live auf Museum TV übertragen. Zu den besondere Aufmerksamkeit heischenden Werken, die Auktionator Oliver Barker im Londoner Contemporary Evening Sale aufruft, gehört sicherlich der Dauerbrenner Banksy mit seiner plakativ verschmutzen Seerosenidylle „Show me the Monet“ von 2005 (Taxe 3 Millionen Dollar). Einen Schwerpunkt bildet ein hochkarätiges Konvolut italienischer Postwar-Klassiker von Lucio Fontana bis Alighiero Boetti. Hier begeistert unter anderem ein frühes „Mirror Painting“ von Michelangelo Pistoletto, in dem der Betrachter nicht nur die Galeristin Annina Nosei und den Fotografen Paolo Bressano, sondern vor allem sich selbst erkennt. „L’annunciazone“ von 1968 ist auf 1,3 Millionen Pfund taxiert, Im Fokus steht auch einmal mehr Gerhard Richter, der kürzlich angekündigt hat, nicht mehr zu malen. Sein abstraktes Bild „Arnold“ von 1983 ist auf 800 000 bis 1,2 Millionen Pfund geschätzt. Die mit 70 mal 50 Zentimetern eher kleine Leinwand hat die Nummer „520-5“ auf der Rückseite. Das vergleichbare Bild „520-1“ landete 2004 in London bei umgerechnet 127 000 Euro – aber wir wissen alle, wie sich der Richter-Markt vom Irdischen abgekoppelt hat. Zuletzt waren die Preise für Abstraktionen dieser Größe schon siebenstellig.
Ein Voyeur in Aktion, noch ist er nicht ertappt: Harlekin hängt die Zunge heraus, während er das Liebespaar lauernd beobachtet. Columbine sitzt auf dem Schoß von Beltrame, und die beiden Figuren der Commedia dell’Arte bemerken gar nicht zu, dass der Narr unter ihnen liegt und lüstern unter den Rock der Liebhaberin späht. Das humorvolle Meisterwerk des Meissener Modelleurs Johann Joachim Kaendler von 1740, das durch eine besonders gute Bemalung besticht, ist mit einer Taxe von 75.000 Euro eines der Toplose in der Porzellanauktion von Metz am 24. Oktober in Heidelberg. Aus der offerierten Bandbreite früher Meissener Kreationen sind bei Kennern besonders Gefäße der ersten Phase aus rotbraunem Böttgersteinzeug begehrt, von denen Metz eine ganze Reihe präsentieren kann. Hier bewegen sich die Taxen zwischen 10.000 und 20.000 Euro.
Der Maler Nicolas Neufchâtel (1527–1590) floh wegen der Calvinistenverfolgung aus den spanisch besetzten Niederlanden nach Nürnberg. Hier genoss er hohes Ansehen als Bildnismaler – auch Kaiser Maximilian II. porträtierte er. Wendl bietet nun das Porträt des „Stadtarztes von Nürnberg“ Heinrich Wolff von 1562 an, das jüngst von einem Sammler als wertvolles Bild im süddeutschen Kunsthandel wiederentdeckt wurde. Übermalungen wurden schon abgenommen und die Provenienz bis zum Entstehungsjahr 1562 erforscht. Wendl ruft das Gemälde bei seinen Auktionstagen vom 22. bis zum 24. Oktober in Rudolstadt auf. Das Limit beträgt 36.000 Euro, die Erwartungen schweben darüber: Erst im Juli erzielte bei Christie’s in London ein von Neufchâtel gemaltes Porträt den Höchstpreis von 80.000 Pfund.
Die Chemie stimmte einfach zwischen Rolf Huisgen und der traditionellen afrikanischen Kunst. Dass sich für Liebhaber der Tribal-Art der Weg nach Würzburg stets lohnt, liegt auch daran, dass dort die Spezialisten von Zemanek-Münster regelmäßig interessante Sammlung versteigern – und als Nächstes eben in der Präsenzauktion vom 24. Oktober über 20 Objekte aus dem Nachlass des im März verstorbenen, renommierten Chemikers Rolf Huisgen. Besonders ins Auge fällt eine über 70 Zentimeter große Schreinfigur „Ikenga“ der Igbo aus Nigeria. Der Pfeifenraucher mit dem Trophäenkopf in der Hand soll dem Besitzer Stärke, Kraft und Status verleihen. Die Bandbreite der Preisschätzung des Experten David Zemanek von 4000 bis 12.000 Euro zeigt jedoch eine gewisse Unsicherheit darüber, wie gesund der Tribal-Art-Markt im Moment ist.
Vor Kurzem waren sie noch in einer Schau des Glasmuseum Hentrich in Düsseldorf zu sehen – barocke Schnittglaspokale und Schnittglasbecher aus der Glassammlung des 2005 verstorbenen Anwalts Dr. Wolf-Horst Röhl. Jetzt kommen die „Spitzenstücke der Glaskunst“ bei Dr. Fischer am 24. Oktober in Heilbronn zum Aufruf. Einen Schwerpunkt der Offerte bilden niederländische Gläser aus dem 18. Jahrhundert, die sich bei aller Volkstümlichkeit der Motive durch die mit Diamanten „gestippten“ beziehungsweise „gerissenen“ Gravuren auszeichnen. Die Spitze mit einem Schätzpreis von stolzen 100.000 Euro nimmt ein Kelchglas aus dem Jahr 1786 mit dem Bildnis der niederländischen Schriftstellerin Betje Wolff ein, signiert in gestippter Gravur von David Wolff.