Januarius Zick war einer der vielseitigsten und umstrittensten deutschen Künstler des 18. Jahrhunderts. Auf dem Kunstmarkt der vergangenen Dekade blieben Umfang und Preise seiner Werke weitgehend konstant
Von
25.02.2021
/
Erschienen in
Kunst und Auktionen Nr. 2
Mit sakralen und profanen Raumdekorationen, Tafelbildern, Grafiken und sogar Marketerie-Entwürfen für den Ebenisten David Roentgen erwies sich Januarius Zick (München 1730 – 1797 Ehrenbreitstein) als einer der vielseitigsten deutschen Künstler seiner Zeit. Doch lange wurden überwiegend seine Leistungen als Freskant wahrgenommen; noch 1920 legte eine erste Monografie den Schwerpunkt auf seine Raumdekorationen. Erst als eine Ausstellung im Kölner Wallraf-Richartz-Museum 1934 viele zuvor ungesichtete Staffeleibilder vorstellte, kam wieder in Erinnerung, dass Zick mit Porträts, Genre, Allegorien, mythologischen und historischen Darstellungen neben Kirche und Adel auch ein breites bürgerliches Publikum bedient hatte.
Ausgehend von Vorbildern des römischen, venezianischen und niederländischen Barock, des französischen Rokoko-Genres und schließlich des Klassizismus, arbeitete er in einer Epoche des Übergangs, die die Grenzen zwischen den Gattungen verwischte und Künstlern den Spagat zwischen tradierten und neuen Aufgabenstellungen abverlangte. Dem Urteil des 19. und frühen 20. Jahrhunderts war sein Eklektizismus folglich suspekt. Während Zicks Figurenstil bereits zu seinen Lebzeiten nicht unumstritten war – ein besonders empfindsamer Zeitgenosse argwöhnte sogar, er habe seine Modelle „aus der gemeinsten Pöbelklasse gewählt“ –, so legte man nun den Finger auf das Raumverhalten seiner Wandmalerei, die durch Gewichtung der schönen Umrisslinie auf Kosten perspektivischer Verkürzung im architektonischen Zusammenhang angeblich nicht immer schlüssig funktionierte. Darüber wurden seine Ölgemälde bis weit in die zweite Hälfte des vorigen Jahrhunderts vernachlässigt.
Kenntnis über Zicks Biografie haben wir durch das bereits 1763 erschienene Künstler-Lexikon Johann Rudolf Füsslis, danach überwiegend anhand der Datierungen späterer Auftragswerke. Zunächst war er in der Werkstatt seines Vaters Johann, eines ebenfalls bekannten Freskanten, der ihn früh zu Dekorationsarbeiten heranzog. Die ersten, noch vor der Jahrhundertmitte entstandenen religiösen Darstellungen des jungen Zick reflektierten bereits die Rembrandt-Verehrung des Vaters, doch schon bald kamen profane Themen hinzu, wobei die ab 1752 entstandenen Wirtshausszenen ebenfalls an niederländischen Vorbildern wie David Teniers d. J. und Adriaen Brouwer orientiert waren. Eine Studienreise nach Rom sollte seine Ausbildung abschließen; prägender war aber wohl der Aufenthalt in Paris, der ersten Station seiner dreijährigen Wanderschaft, die ihm nicht nur wichtige Verbindungen vermittelte, denn die Begegnung mit Meistern des galanten Rokoko wie Boucher bestimmte seine spätere Hinwendung zu mythologischen Themen. Neben der Aufhellung seiner Palette fand er auch zu einem beruhigten Erzählmodus, der weniger auf Ereignishaftes zielte und oft vor oder nach dem thematisierten Geschehen ansetzte.
Diese Impulse sollten für seine sakrale und profane Malerei gleichermaßen prägend werden, doch seinen anschließenden Zürich-Besuch finanzierte Zick – Füssli zufolge – noch durch Arbeiten „nach Rembrandts Geschmack“, die er auf Zuruf produzierte. Von seinem Aufenthalt in Rom sind nur einige Zeichnungen nach Antiken erhalten; Anton Raphael Mengs wird gelegentlich als sein Lehrer genannt, andererseits erwähnte Füssli lediglich, dass Zick Mengs die „Kenntnis der Altherthümer“ verdankt habe. Ohnehin arbeitete er bereits 1759 mit seinem Vater an der Ausmalung des Watteau-Kabinetts im Bruchsaler Schloss, wo er erstmals seine Pariser Eindrücke umsetzen konnte. Um 1760 betraute ihn der Kurfürst von Trier mit umfangreichen Ausstattungsprogrammen für seine Residenz und sein Schloss in Engers; damit ist auch seine Ernennung zum kurtrierischen Hofmaler datierbar. Danach hatte der knapp bemittelte Hof nur mehr kleinere Aufgaben für ihn. Profane und auch kirchliche Ausstattungsaufträge, meist aus dem schwäbischen und fränkischen Raum, erhielt er in größerem Umfang erst wieder seit 1780.
Aktuell werden Zicks Gemälde in gewohntem Umfang gehandelt. Seit 2011 wurden 52 Lose auf internationalen Auktionen angeboten, nur drei mehr als im vorigen Jahrzehnt; auch die Abschlussaussichten blieben mit 56 Prozent konstant. Wenig Bewegung gab es auch bei den Preisen. Unverändert musste ein Drittel der zugeschlagenen Bilder bereits bei weniger als 5000 Euro abgenickt werden, wobei seit 2016 erstmals auch Hammerpreise unter 2000 Euro vorkamen. Immerhin aber konnte der Anteil der fünfstelligen Ergebnisse von unter 40 Prozent auf die knappe Hälfte gehoben werden. Mit fünf Werten über 20.000 Euro war die Preisspitze zwar ein wenig breiter als in den Nullerjahren, allerdings blieb man vom Preisniveau der Neunzigerjahre, in denen mehrfach Werte über 50.000 Euro gelungen waren, weit entfernt. Zuletzt kam es 2002 zu einem Hammerpreis in dieser Höhe, seither wurde nicht einmal mehr die Marke von 30.000 Euro erreicht. Schwindender Anreiz also für internationale Anbieter, ihre Akquise zu intensivieren, sodass in Deutschland, wo zuvor lediglich ein Drittel der Offerte verhandelt wurde, inzwischen die Hälfte der Ware betreut wird. Dementsprechend sank der Anteil der Anbieter außerhalb des deutschsprachigen Raums von 40 Prozent auf rund ein Fünftel.
Das letzte Jahrzehnt begann vielversprechend: Im April 2011 erzielte das Wiener Dorotheum für Zicks Version der „Caritas Romana“ eines der besten Ergebnisse der Dekade. Während Rubens-Adepten der edlen Pero noch vorsorglich einen Säugling in den Arm gelegt hatten, um bei der Säugung ihres zum Hungertod verurteilten Vaters erotische Konnotationen auszuschließen, wurde Zicks Treue zur literarischen Vorlage des Valerius Maximus mit einem Höchstgebot von 27.000 Euro gewürdigt (Taxe 25.000 Euro). Unter dem Eindruck dieses Erfolgs kletterte bei Artcurial, Paris, im November des Jahres eine Darstellung von „Venus und Amor“ von bedächtig taxierten 4000 auf 20.000 Euro. Gründlich unterschätzt wurde auch der Reiz eines kleinen Holztäfelchens mit „Amor auf einem Hund reitend“, das im Mai 2013 bei Ketterer, München, zum Aufruf kam. Zum Glück ignorierten die Bieter die verächtliche Taxe von 1800 Euro und hoben es auf 15.000.
Mit einer weiteren mythologischen Szene gelang im Dorotheum im April 2014 nochmals ein Wert über 20.000 Euro. Zwar hatte man das atypische Großformat „Diana und ihre Gefährtinnen“ zunächst nur auf 6000 Euro geschätzt, doch das Interesse für das dekorative Ausstattungsbild war so groß, dass der Käufer ein Mehrfaches investieren musste (Zuschlag 22.000 Euro). Auch Neumeister, München, notierte im Oktober 2015 überdurchschnittliche Werte: Zuerst verbesserte sich eine 1770 datierte „Schäferszene am Brunnen“ von 18.000 auf 22.000 Euro, gleich darauf musste ein Käufer für die ebenso hoch eingeschätzte „Brieflesende Schäferin mit Karren“ nur einen Tausender drauflegen.
Einen Satz mit zwei genrehaft angelegten Allegorien der Tageszeiten vermittelte Scheublein, München, im September 2018 für 17.000 Euro. Die kaum je thematisierte Historie „Belisar löst die Fesseln von Justinian und Tiberius“ geht auf Jean-François Marmontels Roman „Bélisaire“ zurück. Darin befreite der einst auf Geheiß seines erzürnten Kaisers geblendete Feldherr diesen und seinen Sohn aus den Fängen der Bulgaren und gab damit ein denkwürdiges Beispiel ritterlicher Großmut, in dem der vermutlich aristokratische Auftraggeber zweifellos die eigenen Charaktervorzüge wiedererkannte. Im Mai 2019 holte das Bild bei Van Ham, Köln, statt der vorgeschlagenen 10.000 mit 28.000 Euro den Bestwert des Jahrzehnts.
Im vergangenen Jahr konnten zwei von fünf Gemälden vermittelt werden: Eine kleinere Holztafel mit einem „Christus am Kreuz“ blieb im Juli bei Karbstein, Düsseldorf, bereits bei 4200 Euro stehen, doch im November schrieb Dobiaschofsky, Bern, mit den korrespondierenden mythologischen Historien „Venus in der Schmiede Vulcans“ und „Der Flussgott Numicius reinigt das Haupt des Aeneas“ nochmals ein ansehnliches Ergebnis: Von geschätzten 19.000 konnte das Paar auf 29.000 Franken gehoben werden.
„Januarius Zick (1730 – 1797). Gemälde, Graphik, Fresken“
von Josef Straßer, Anton H. Konrad Verlag, Weißenhorn, 1994