Barbara Bögner bei Bassenge

Los geht’s

Der Berliner Versteigerer Bassenge hat eine neue Leiterin für Moderne und Zeitgenössische Kunst – und Barbara Bögner digitale Pläne für das Berliner Traditionshaus. Durch ihren Umzug entdeckt sie ungekannte Biografien und Stile regionaler Künstler

Von Christiane Meixner
11.03.2021

Ob sich die Handschrift von Barbara Bögner bereits in der nächsten Zeitgenossen-Auktion von Bassenge widerspiegelt, wird erst der Sommer zeigen. Klar ist aber schon jetzt, dass die neue Leiterin der Abteilung Moderne und Zeitgenössische Kunst von ihrem Umzug aus dem Rheinland profitiert. Seit ihrem Start im Januar, sagt Bögner, werde sie nahezu täglich mit ungekannten „Lebensläufen und Schaffensphasen“ von Künstlerinnen und Künstlern konfrontiert. Mit Namen, die ihr in Köln bislang verborgen geblieben sind. Und während sie in der prächtigen Dependance des Hauses in der Rankestraße nahe dem Ku’damm sitzt und erzählt, dass ihr bei Bassenge schon vergangenen Herbst etwa die geometrischen Abstraktionen von Christian Roeckenschuss aufgefallen seien, klingelt es zum wiederholten Mal an der Tür.

Ein Einlieferer für die kommende Versteigerung. Im Juni wird es bei Bassenge um Kunst vom 15. Jahrhundert bis in die Gegenwart – auch vom 2011 verstorbenen Roeckenschuss – gehen. Die Akquise läuft auf Hochtouren, und der Mann an der Tür hat die von ihm angebotenen Bilder gleich mitgebracht. Es sind kleine Formate, kein Vergleich zu den Leinwänden, die Bögners Kollegen später noch vorbeibringen. Aber doch ein Zeichen dafür, dass in Corona-Zeiten einiges anders als gewohnt läuft.

Barbara Bögner Bassenge Porträt
Barbara Bögner ist neue Leiterin der Abteilung Moderne und Zeitgenössische Kunst bei Bassenge in Berlin. © Bassenge, Berlin

Viele Kunden sind wegen des Virus vorsichtig geworden und scheuen den Besuch der Bassenge-Experten zu Hause. Dafür müssen Alternativen gefunden werden, erklärt Barbara Bögner. Weil die Reisetätigkeit stark eingeschränkt sei, werde nun vieles vom Office aus online bewertet. Es funktioniere: „Wir sind aus der Entfernung genauso da wie sonst“. Bloß für Bögner als Neuankömmling hat es einen Nachteil. „Die Kunden persönlich kennen zu lernen, empfinde ich als wichtigen Teil meiner Arbeit.“ Dass sie darauf aktuell oft verzichten müsse, „ist wirklich schade“.

Das Highlight einer Auktion mit all ihren Vorbereitungen sei immer noch das Live-Ereignis, bekräftigt die 32-Jährige Kunsthistorikerin, die sowohl Kunstgeschichte als auch Betriebswirtschaft studierte und anschließend für namhafte Galerien wie Karsten Greve tätig war. Bis Ende 2020 arbeitete sie dann im Auktionshaus Lempertz, das seit geraumer Zeit seine digitalen Möglichkeiten vorantreibt und längst reine „Online only“-Auktionen anbietet. Da liegt es nahe, hinter Bögners Wechsel auch einen Start solcher Angebote bei Bassenge zu vermuten. Tatsächlich wird es den traditionellen zweiten Katalog für zeitgenössische Kunst ab diesem Jahr bloß noch digital geben. Weitere Angebote auch von „Online only“-Versteigerungen sind in Planung, um der ungeheuren medialen Entwicklung gerade des vergangenen Corona-Jahres gerecht zu werden.

Barbara Bögner Bassenge Lesser Ury
Lesser Urys Papierarbeit „Grunewaldsee“ (um 1922) trägt einen Schätzung von 15.000 Euro. © Bassenge, Berlin

Dieses Tempo, meint Bögner, habe sie selbst davor nicht für möglich gehalten. Mehr Reichweite und eine Internationalisierung der Interessenten, unter denen sich viele junge Sammler mit einem Fokus auf zeitgenössischer Kunst befänden, seien die positiven Folgen. Ihnen wolle Bassenge künftig mit der Ausweitung der digitalen Angebote entgegenkommen, ohne die Tradition des Hauses als „kultureller Anlaufpunkt vieler Kunden“ in irgendeiner Weise zu beschädigen. „Online only ist als Erweiterung gedacht, nicht als Ersatz.“

Andere Gewohnheiten bei Bassenge erweisen sich inzwischen als Avantgarde. Hier hat man nie nach Epochen versteigert, sondern in einer Auktion Herausragendes aus allen Zeiten hintereinander präsentiert. Eine Mischung, die Bögner inzwischen als Trend ausmacht, der bis hin zu Christie’s erneut gepflegt wird. Allein schon, weil auf diese Art Sammler einer Epoche mit Werken anderer Jahrhunderte konfrontiert werden und sich idealerweise zu weiteren Erwerbungen animieren lassen. Schließlich sollen Ausstellungen in den schönen Räumen der Rankestraße intensiviert und Bassenge so für das Publikum sichtbarer gemacht werden. Und wer weiß, vielleicht sieht man Barbara Bögner bald auch als Auktionatorin. Bislang hat sie das nicht gemacht und einen „enormen Respekt“ vor der Aufgabe am Pult, konstatiert die Gegenwarts-Expertin. „Aber ich würde mich davor nicht verschließen.“

Barara Bögner Bassenge Christian Roeckenschuss
Christian Roeckenschuss gehörte im Berlin der 1960er Jahre zur jungen Avantgarde und war mit seinen geometrischen Arbeiten für Barbara Bögner eine Entdeckung bei Bassenge. © Bassenge, Berlin

Service

AUKTIONEN

„Kunst des 15. – 19. Jahrhunderts, Moderne Kunst“
Mittwoch, 9. bis Samstag, 12. Juni 2021

„Fotografie des 19. – 21. Jahrhunderts“
Mittwoch, 16. Juni 2021

Galerie Bassenge, Berlin

Zur Startseite