Der „Eid Mar“-Aureus gehört zu den bedeutendsten historischen Artefakten der Antike. Bei NAC in Zürich kommt nun das rund zehn Jahre lang im British Museum ausgestellte Exemplar zum Aufruf
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24.05.2022
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Erschienen in
WELTKUNST Nr. 198
In den dreißig Jahren meiner Karriere hatte ich das Privileg, viele wichtige Münzen zu versteigern. Doch kaum ein Stück ist so bedeutend wie der berühmte „Eid Mar“-Aureus, der die vergangenen zehn Jahre im British Museum ausgestellt war. Er gehört zu den bedeutendsten historischen Artefakten der Antike überhaupt. Geprägt wurde er von Julius Caesars Adoptivsohn – und Verräter – Brutus, um das Attentat auf Caesar in den Iden des März 44 v. Chr. zu feiern. Das ikonische Motiv mit Dolch und Pileus, der Freiheitsmütze, in Verbindung mit dem Datum spielt direkt auf den Mord an Caesar und damit die Befreiung von seiner Tyrannei durch Brutus und Cassius an. Diese Münze war so bedeutend, dass sie sogar in den Schriften des antiken Autors Cassius Dio im dritten Jahrhundert erwähnt wurde. Später wurde das Motiv in der Französischen Revolution wieder aufgegriffen. Genau über dem Kopf von Brutus wurde die Münze gelocht, sodass Experten aus dem British Museum vermuten, sie könnte von einem Anhänger oder gar von einem der Caesar-Attentäter selbst getragen worden sein.
Geschichte auf einem anderen Level: Die Vorstellung, dass die Münze von einem der Zeitgenossen von Brutus angefasst oder getragen wurde, ist überwältigend. Dieser Aureus verkörpert die Macht, mit der antike Münzen uns greifbar mit der Vergangenheit verbinden. Nur drei Exemplare sind bekannt, und dieses ist das einzige mit dokumentierter Provenienz, die bis in die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg zurückreicht. Ein anderes Exemplar wurde 2020 für mehr als 3 Millionen Pfund versteigert. Es ist unmöglich zu sagen, welche Summe der Aureus erzielen könnte, denn er weckt nicht nur die Aufmerksamkeit von Freunden und Freundinnen der Numismatik oder von Institutionen. Die Münze wird Geschichtsenthusiasten auf der ganzen Welt elektrisieren, daher erwarten wir am 30. Mai in der Auktion in Zürich im Hotel Baur au Lac ein lebendiges Bietgefecht.